Reform von Bundeswehr und Polizei Neue Minister treten auf die Bremse
06.03.2011, 13:28 UhrWas für das Verteidigungsministerium die Bundeswehrreform ist, ist für das Innenressort die Polizeireform. Die neuen Minister Thomas de Maizière und Hans-Peter Friedrich treten bei den Reformprojekten ihrer Vorgänger auf die Bremse. Die einen freut's - die anderen weniger.

Der neue Bundesverteidigungsminister de Maiziere (CDU, r) und der neue Bundesinnenminister Friedrich (CSU, l).
(Foto: picture alliance / dpa)
Eigentlich hätte dies die Woche der Entscheidung für das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei sein sollen. Wenn Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) in seiner Doktorarbeit richtig zitiert hätte, wenn er nicht zurückgetreten wäre und wenn der bisherige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) nicht sein Nachfolger geworden wäre, hätte es wohl bald eine Entscheidung für oder gegen eine Polizeifusion gegeben. Doch nun ist alles anders: Der neue Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will erst einmal in Ruhe prüfen. Ähnlich hält es der neue Verteidigungsminister de Maizière mit seiner größten Baustelle: der Bundeswehrreform.
Manchmal müssen Gewerkschaften wirklich dicke Bretter bohren, um unerwünschte Entscheidungen zu verhindern. Manchmal aber nehmen die Dinge ganz plötzlich wie von selbst eine andere Wendung. Der Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, hatte für diesen Mittwoch einen Termin im Bundesinnenministerium, um von de Maizière eine Entscheidung in Sachen Polizeireform zu erfahren. Der Termin wurde erst einmal verschoben. Somit fallen auch die ursprünglich für diesen Donnerstag angesetzten Mitarbeiterversammlungen in den BKA-Standorten aus. Friedrich will "zur gegebenen Zeit über den Fortgang der Dinge entscheiden", wie er kurz nach seinem Amtsantritt sagte.
Zusammenlegung von BKA und Bundespolizei

Friedrich lässt die Zukunft der umstrittenen Polizeireform mit einer Zusammenlegung von Bundeskriminalamt und Bundespolizei offen .
(Foto: dpa)
Ganz wird Friedrich das Thema Polizeireform nicht zu den Akten legen können. Im schwarz-gelben Koalitionsvertrag ist festgehalten, dass die Zuständigkeiten der Sicherheitsbehörden zu überprüfen sind. Vor allem aus der CSU war Kritik an einer möglichen Zusammenlegung von BKA und Bundespolizei gekommen. Die Wahrscheinlichkeit einer Fusion dürfte nun mit einem CSU-Innenminister weiter gesunken sein.
Egal, wie Friedrich letztlich entscheiden wird: Die Gewerkschaften sind schon froh, dass erst einmal die Hektik aus dem Thema genommen wurde. De Maizière wollte eine Reform bis zur nächsten Bundestagswahl 2013 durchpeitschen. "Der Zeitdruck war ja nicht mehr zum Aushalten", sagt der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt. Auch Jürgen Vorbeck, der im Vorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP) für das Bundeskriminalamt zuständig ist, lobt, dass Friedrich auf die Bremse tritt. "Wir empfinden es als positiv, dass er die Sache noch einmal gründlich angehen wird."
Reform der Bundeswehr

De Maizière (l) kündigte an, die von seinem Vorgänger Guttenberg begonnene Reform "konsequent fortsetzen" zu wollen. Zugleich behält er sich aber Änderungen an den bisherigen Plänen vor.
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De Maizière geht in seinem neuen Ressort nicht anders als Friedrich vor: Auch er will sich Zeit nehmen für die Reform der Bundeswehr, die er dennoch "konsequent fortsetzen" will. Aufhorchen ließ aber de Maizières Entscheidung, Verteidigungsstaatssekretär Walther Otremba zu schassen. Damit setzt er ausgerechnet den Mann an die Luft, der unter Guttenberg für die Reform der Bundeswehr und des Ministeriums zuständig war. Ob de Maizière dafür rein persönliche Gründe hatte - das Verhältnis zu Otremba soll schon seit langem angespannt gewesen sein - oder ob es fachliche und inhaltliche Gründe gab, darüber schweigen sich de Maizière und sein Ministerium aus.
Auch für de Maizières Vorgänger Guttenberg und die Reform der Bundeswehr mit der Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli wäre diese Woche eine wichtige Wegmarke gewesen. Guttenberg wollte eigentlich nun das von Otremba vorbereitete Konzept für die zweite Reformphase vorstellen, in dem es vor allem um den Umbau des Ministeriums und die Straffung der Führungsstrukturen geht. Und dann kommt da noch das besonders heikle Thema der Standortschließungen. Bei CSU-Chef Horst Seehofer schrillen bereits die Alarmglocken. Er machte via "Bild am Sonntag" deutlich, dass er Änderungen bei der Bundeswehrreform ablehnt: "Bei der Bundeswehrreform gibt es keinen Korrekturbedarf." Ob und gegebenenfalls welchen Korrekturbedarf de Maizière sieht, ist noch dessen Geheimnis.
Ebenso weiß niemand, ob de Maizière sich als Innenminister schon eine Meinung zur Polizeireform gebildet hatte - und wie diese aussah. Der Minister ließ in den vergangenen Wochen dazu nichts durchsickern. Insofern wissen auch die Gewerkschaften nicht genau, was sie unter de Maizière tatsächlich erwartet hätte. GdP-Mann Vorbeck glaubt: "Das wird eines der ungelösten Mysterien dieser Republik bleiben."
Quelle: ntv.de, Bettina Grachtrup, dpa