Politik

NRW-Regierung in der Kritik Neue Misshandlung in Asylheim aufgedeckt

Ein erster Fall wurde im Flüchtlingsheim in Burbach bekannt, das sich in der ehemaligen Siegerland-Kaserne befindet.

Ein erster Fall wurde im Flüchtlingsheim in Burbach bekannt, das sich in der ehemaligen Siegerland-Kaserne befindet.

(Foto: dpa)

Burbach, Essen und nun Bad Berleburg: In einer weiteren Flüchtlingsunterkunft soll privates Sicherheitspersonal Bewohner drangsaliert und verletzt haben. Die Regierung von Nordrhein-Westfalen muss sich scharfer Kritik stellen, auch aus der Polizei.

In einer dritten Flüchtlingsunterkunft in Nordrhein-Westfalen soll es einen Übergriff auf einen Bewohner durch Beschäftigte des Sicherheitsdienstes gegeben haben. Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Johannes Daheim von der Staatsanwaltschaft Siegen sollen in Bad Berleburg zwei 30 und 37 Jahre alte Wachmänner einen Asylbewerber verletzt haben. Gegen sie werde wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt.

Die beiden Wachmänner sollen einer anderen Firma als in den Unterkünften in Burbach und Essen angehören. Weitere Details zu diesem Vorfall, der sich vor gut zwei Wochen ereignete, wurden zunächst nicht bekannt. In Essen wurden von Bewohnern drei Anzeigen wegen einfacher Körperverletzung erstattet, sagte ein Polizeisprecher. Genauere Angaben machte er nicht.

Ermittlungen ausgeweitet

Im Fall der Misshandlung von Flüchtlingen in Burbach wird mittlerweile gegen sechs Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes ermittelt. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft in Siegen. Bisher war von vier Verdächtigen die Rede. Demnach wurden nun anhand ihrer Stimmen auch die beiden Männer gefunden, die das Handy-Video aufgenommen haben, das die Ermittlungen ins Rollen brachte.

Von der Vernehmung der beiden erhoffe man sich, den Zeitraum eingrenzen zu können, in dem der Vorfall in Burbach passierte, sagte Oberstaatsanwalt Daheim. "Dann können wir hoffentlich auch das Opfer finden und vernehmen." Außerdem laufen die Befragungen der Bewohner in dem Heim weiter. "Dabei haben sich bisher keine weiteren Hinweise auf Exzesse der Sicherheitsleute ergeben", sagte Daheim.

Die Bezirksregierung Arnsberg beendete derweil als Konsequenz aus den Vorfällen in Burbach die Zusammenarbeit mit dem privaten Sicherheitsdienst. "Wer Kriminelle beschäftigt, die Gewalt gegen Asylbewerber ausüben und sie drangsalieren, fliegt raus", erklärte Regierungspräsident Gerd Bollermann. Zudem muss der private Betreiber der Unterkunft belegen, dass dort nur geprüftes Sicherheitspersonal mit Führungszeugnis die Flüchtlinge schützt.

Die Sicherheitsfirma SKI sicherte zu, Polizei und Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen gegen die eigenen Wachleute zu unterstützen. "Die bekanntgewordenen Vorfälle sind niederträchtig", teilte die in Nürnberg ansässige Firma mit. "Selbstverständlich haben wir unmittelbar die uns zur Verfügung stehenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen gezogen." Alle betroffenen Mitarbeiter sind laut einem Sprecher fristlos entlassen worden.

Seibert: widerwärtige Taten

Die Bundesregierung reagierte alarmiert auf die Berichte. Regierungssprecher Steffen Seibert forderte, die Vorwürfe müssten vor Ort rasch und gründlich aufgeklärt werden. "Wenn sich bestätigen würde, was diese Bilder nahelegen, wenn also Flüchtlinge dort tatsächlich misshandelt und gedemütigt worden wären, dann wären das widerwärtige Taten", unterstrich er. Deutschland sei ein menschenfreundliches Land, im dem die Würde des Menschen geachtet werde.

Der Betreiber der Unterkunft in Burbach soll nun strenger kontrolliert werden.

Der Betreiber der Unterkunft in Burbach soll nun strenger kontrolliert werden.

(Foto: dpa)

Wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten sollten, müssten die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, so Seibert. Allerdings könnten die Vorgänge nicht von Berlin aus aufgearbeitet werden. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums verwies ebenfalls auf die Zuständigkeit der Bundesländer für die Asylbewerber. Die Aufklärung und die Konsequenzen aus solchen Taten lägen bei ihnen. Das gelte auch für die Beantwortung der Frage, welche hoheitlichen Aufgaben an private Dienstleister übertragen werden könnten.

CDU-Landeschef Armin Laschet macht auch die rot-grüne Landesregierung von Nordrhein-Westfalen für die Vorfälle verantwortlich. "Die Regierung hat die Aufsichtspflicht nicht wahrgenommen wie das erforderlich wäre", sagte der Politiker, der auch CDU-Bundesvize ist, in Berlin. "Was diese privaten Sicherheitsdienste da machen, das erfordert jetzt eine schnelle Aufklärung." Daher sei eine Aktuelle Stunde im Landtag in Düsseldorf beantragt worden.

Polizei fordert Unterstützung

Laschet beklagte ferner, Nordrhein-Westfalens Kommunen würden mit der Flüchtlingsbetreuung alleingelassen. So gebe es - anders als etwa in Bayern - keine komplette Kostenerstattung durch das Land. Auch andere Spitzenpolitiker der CDU zeigten sich entsetzt. Parteivize Julia Klöckner sagte, wenn das das Ergebnis von Outsourcing sei, müsse man sich ernsthaft Gedanken machen.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft forderte von Bund und Ländern mehr Unterstützung. Die Kommunen müssten in die Lage versetzt werden, eine größere Zahl von Flüchtlingen aufnehmen zu können, sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt n-tv. "Mit dem vorhandenen Personal geht das nun mal leider nicht immer. Deshalb ist es auch notwendig, mitunter private Unternehmen zu beschäftigen." Man müsse diese aber sorgfältig auswählen und überwachen und dafür brauche es Personal.

Strenger Kontrollen im Sicherheitsgewerbe forderte auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP). "Es reicht eben nicht, jemanden für fünf Euro pro Stunde an eine Tür zu stellen, nur weil er Muskeln hat", sagte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow. Wer, anstatt das Hausrecht durchzusetzen, "menschenverachtende Gewalt" anwende, müsse bestraft werden. Malchow sprach sich aber dagegen aus, den Schutz der Flüchtlingsunterkünfte zu einer Polizeiaufgabe zu machen. "Die Polizei könnte das in diesem Umfang gar nicht leisten."

Quelle: ntv.de, nsc/mli/dpa/AFP

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