Arbeitsmarkt robust Neuverschuldung könnte sinken
20.11.2009, 09:33 UhrDie Bundesregierung kann sich über ein paar Milliarden Euro weniger Schulden freuen. Weil sich Arbeitsmarkt und Konjunktur auch in der Krise als relativ robust erweisen, erwartet das Finanzministerium eine niedrigere Neuverschuldung als zuletzt geplant. Beim Schuldenrekord wird es trotzdem bleiben.

Außenminister Westerwelle und Kanzlerin Merkel können sich über ein paar Milliarden weniger Schulden freuen.
(Foto: dpa)
Der Bund muss 2009 weniger neue Schulden machen als zuletzt geplant. Weil in der Krise überraschend wenig Jobs abgebaut wurden, muss der Staat nicht so viel Geld wie befürchtet in den Arbeitsmarkt pumpen. Zudem sorgt die unerwartet lebhafte Konjunkturentwicklung für Entlastung. "Sollte sich diese Entwicklung weiter fortsetzen, könnte die (...) beschlossene Nettokreditaufnahme von 49,1 Milliarden Euro im Haushaltsabschluss deutlich unterschritten werden", teilte das Finanzministerium in seinem Monatsbericht November mit.
Doch selbst wenn es wie erhofft zum Absinken kommt, wird die Bundesregierung noch immer eine Rekordverschuldung verantworten müssen. Die bislang geplanten gut 49 Milliarden Euro als Folge der tiefsten Finanz- und Wirtschaftskrise seit 60 Jahren stellen einen massiven Anstieg gegenüber den neuen Krediten von gerade einmal 11,5 Milliarden Euro im Jahr 2008 dar. 2010 plant die Regierung eine Neuverschuldung von rund 86 Milliarden Euro, wie der neue Finanzstaatssekretär Walther Otremba im Monatsbericht schrieb.
Robuster Arbeitsmarkt
Eine konkrete Zahl der erwarteten Neuverschuldung wird allerdings nicht genannt. Experten spekulieren, dass es unter 40 Milliarden Euro werden könnten. "Der Arbeitsmarkt hat sich - entgegen den Erwartungen - als deutlich robuster erwiesen, so dass ein starker Anstieg der Arbeitsmarktausgaben bisher ausblieb", schreibt Otremba. Vorrangiges Ziel der Bundesregierung sei zunächst, den wirtschaftlichen Einbruch zu überwinden. Dann müsse Deutschland "möglichst rasch zu einem stabilen und lang anhaltenden Aufschwung zurückkehren".
Die inzwischen wieder lebhaftere Konjunktur dämpft die negative Entwicklung bei den Steuern und im Bundesetat. So lag die Finanzierungslücke im Etat in den ersten zehn Monaten bei 39,1 Milliarden Euro. Das liegt zwar deutlich über dem Vorjahreswert, aber unter den Planansätzen des laufenden Jahres. Dahinter steht ein Anstieg der Ausgaben des Bundes von 1,8 Prozent, was deutlich besser ist, als das bislang für 2009 eingeplante Plus von 7,4 Prozent. Zugleich wiesen die Einnahmen von Januar bis Oktober nur ein Minus von 2,7 Prozent aus gemessen an einem Planminus für 2009 von 6,2 Prozent. Die Steuereinnahmen lagen per Oktober um vier Prozent zurück.
Die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden (ohne reine Gemeindesteuern) erreichten dem Bericht zufolge im Oktober knapp 33 Milliarden Euro, ein Minus von 4,5 Prozent. Gegenüber der Einbuße von 7,4 Prozent im September und 9,9 Prozent im August ist das aber eine erheblich günstigere Entwicklung. Die addierte Veränderungsrate für die Steuereinnahmen in den ersten zehn Monaten lag bei minus 5,8 Prozent, wobei die Entwicklung für die Bund mit minus 4,3 Prozent etwas positiver ausfiel. Besser entwickelten sich im Oktober die Einnahmen aus Umsatzsteuern und auch der Körperschaftsteuer, negativer die aus der Lohnsteuer.
Konsolidierung erst wieder 2011
Otremba versicherte, die derzeitig von der Regierung betriebene Wachstumspolitik stehe nicht im Widerspruch zu einer konsequenten Konsolidierungspolitik. Mit der endgültigen Überwindung der Krise werde die Haushaltspolitik des Bundes auf einen strikten Konsolidierungskurs zurückgeführt. Er erinnerte daran, dass innerhalb der EU ab 2011 zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte zurückgekehrt werden soll. Ab 2013 müsse Deutschland in der gesamtstaatlichen Defizitquote dann wieder unter der Vorgabe des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakets von drei Prozent landen.
Allerdings verliert die deutsche Wirtschaft nach Einschätzung des Finanzministeriums zum Jahresende an Fahrt. Dämpfer dürfte dabei der Konsum werden. "Dabei dürfte eine zunehmende Konsumzurückhaltung auch Ausdruck einer anhaltenden Unsicherheit über die weiteren Arbeitsplatz- und Einkommensperspektiven der privaten Haushalte sein", heißt es in dem Bericht. Angesichts der weiterhin großen Überkapazitäten sei noch mit einem spürbaren Stellenabbau zu rechnen.
Die deutsche Wirtschaft hat sich im Frühjahr aus der Rezession gelöst und im Sommer kräftig an Schwung gewonnen. Das Wachstum lag bei 0,7 Prozent. Dennoch dürfte es noch länger dauern, bis Deutschland die Krise hinter sich gelassen hat: Die OECD erwartet für 2009 einen Einbruch der Wirtschaftsleistung um 4,9 Prozent - das wäre der mit Abstand stärkste Rückgang seit Gründung der Bundesrepublik.
Quelle: ntv.de, rts/dpa