"Geplanter Wahlbetrug" der Union Neuverschuldung steigt nochmals
02.07.2009, 19:48 UhrNoch in diesem Jahr muss die Bundesregierung nochmals mehr Schulden aufnehmen, als geplant: Fast 50 Milliarden Euro beträgt nun die Nettokreditaufnahme. Angesichts dieser Zahlen werfen SPD, Grüne und Linkspartei der Union mit ihren Steuersenkungsversprechen "Wahlbetrug" vor und greifen Kanzlerin Merkel für ihrer "unseriöse Politik" scharf an.

Drei Männer mit Schulden: Arbeitsminister Scholz, Wirtschaftsminister Guttenberg und Finanzminister Steinbrück im Bundestag.
(Foto: AP)
Die Neuverschuldung des Bundes fällt in diesem Jahr nochmals höher aus als geplant. Die Nettokreditaufnahme steigt um weitere 1,5 Milliarden Euro auf nunmehr fast 49,1 Milliarden Euro. Das sieht der Entwurf für den zweiten Nachtragshaushalt 2009 vor, der endgültig vom Bundestag verabschiedet wurde.
Darin werden insbesondere die erwarteten Steuereinnahmen gegenüber ursprünglichen Plänen nochmals um gut neun Milliarden Euro nach unten korrigiert. Zugleich werden die Ausgaben um rund 5,7 Milliarden auf nunmehr 303,3 Milliarden Euro angehoben. Für dieses Jahr wird ein in der bundesdeutschen Geschichte beispielloser Einbruch der Wirtschaftsleistung um sechs Prozent erwartet.
Höchste Neuverschuldung aller Zeiten
Für 2010 sind bisher neue Kredite des Bundes von 86,1 Milliarden Euro geplant. Das ist die mit Abstand größte Neuverschuldung, die es je gab. Sie könnte am Ende auch über 100 Milliarden Euro liegen, wenn Kosten aus den Konjunkturpaketen und dem Bankenrettungsfonds zu Buche schlagen. Bis 2013 könnten allein beim Bund insgesamt 300 Milliarden Euro an neuen Schulden fällig werden.
Auch Bund, Länder und Gemeinden zusammen müssen nach einem Bericht des "Handelsblatt" so hohe neue Schulden wie nie zuvor machen. Der Finanzplanungsrat von Bund und Ländern werde nächste Woche beschließen, bis zum Jahr 2013 rund 507 Milliarden Euro an neuen Krediten aufzunehmen. Damit dürfte die gesamte Staatsverschuldung auf mehr als zwei Billionen Euro klettern.
"Riesengroße Wahllüge" der Union
Für ihr Steuersenkungsversprechen im Wahlprogrammm hat die Union im Bundestag deshalb harsche Kritik geerntet. SPD, Grüne und Linksfraktion bezichtigten CDU und CSU angesichts der bevorstehenden Rekordverschuldung des bewussten Wählerbetrugs.

Der Bundestag hat den Nachtragshaushalt nun endgülitg mit allen neuen Schulden verabschiedet.
(Foto: REUTERS)
SPD-Fraktionsvize Joachim Poß griff Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihre Versprechen scharf an. Es sei nicht akzeptabel, erst im Kabinett einen Finanzplan mit einer Rekordverschuldung zu verabschieden und dann wenige Tage später ein Wahlprogramm mit neuen Steuersenkungen zu beschließen. "Unseriöser und verantwortungsloser kann Politik wohl kaum auftreten", sagte Poß. Das Vorgehen der Union sei nicht nur "Populismus", sondern "geplanter Wahlbetrug". Die Linken-Finanzexpertin Barbara Höll sprach von einer "riesengroßen Wahllüge".
Nur FDP begrüßt Versprechungen
SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier bezeichnete die Steuerpolitik der Union als "wirklich unseriös". Leere Steuersenkungsversprechungen seien nicht glaubwürdig, sagte er der "taz". Die SPD hingegen riskiere es, mit der Forderung nach einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes in den Wahlkampf zu gehen.
Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn wies das Argument zurück, Steuersenkungen würden für mehr Wachstum sorgen und damit eine Haushaltskonsolidierung erst ermöglichen. Vielmehr werde die Union in den Sozialsystemen kürzen, sagte Kuhn voraus. Was die CDU/CSU vorbereite, sei daher "organisierter Wahlbetrug".
Der CDU-Finanzexperte Manfred Kolbe sagte, die Union habe im Wahlkampf 2005 anders als die SPD offen angekündigt, dass sie die Mehrwertsteuer anheben werde. Wer Merkel die Vorbereitung von Wahlbetrug vorwerfe, "sollte deshalb erst mal in die eigene Biografie schauen". Der FDP-Finanzpolitiker Carl-Ludwig Thiele stärkte der CDU/CSU den Rücken. "Als FDP begrüßen wir ausdrücklich, dass sich nun auch die Union klar zu Steuersenkungen bekennt", sagte er.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP