Politik

Minister Wankelmut Niebel sucht seinen Platz

Dirk Niebel

Dirk Niebel

(Foto: picture alliance / dpa)

Dirk Niebel treibt zurzeit die personelle Aufstellung der FDP für die Bundestagswahl um. Welche Rolle soll Parteichef Rösler spielen und welche er selbst? Ganz sicher ist sich der Entwicklungsminister da nicht. Er ändert seine Meinung im Stundentakt und zieht dabei den Spott manch eines Parteikollegen auf sich.

So ganz weiß Entwicklungsminister Dirk Niebel nicht, was er will. Er sucht offensichtlich nach seinem Platz im Wahlkampfteam der Liberalen. Zum Verhängnis wird ihm, dass er die Öffentlichkeit in seine Suche miteinbezieht. Selbst manch ein Parteigenosse nimmt ihn deswegen schon nicht mehr ernst.

Markenzeichen Landsermütze

Markenzeichen Landsermütze

(Foto: picture alliance / dpa)

Die jüngste Volte des FDP-Politikers: Der "Neuen Westfälischen" sagte er, er wolle zusammen mit Außenminister Guido Westerwelle der "Wahlkampfmotor" der Partei sein. Niebel ist schon Spitzenkandidat des zweitgrößten Landesverbands der FDP, dem in Baden-Württemberg. Westerwelle führt mit Nordrhein-Westfalen den größten Landesverband an. Das perfekte Duo also – das mag sich Niebel gedacht haben und ließ es prompt den Rest der Welt wissen. Da hatte er offenbar schon wieder vergessen, was er noch am Vortag sagte.

Aber eines nach dem Anderen. Am Anfang stand ein Interview mit der "Rheinischen Post", das Niebel am Mittwoch führte. Darin foppte Niebel nicht nur seinen Parteichef Philipp Rösler, sondern brachte sich auch als Spitzenkandidat für die Bundestagswahl ins Gespräch. "Sie sehen auch bei der SPD, dass ein Spitzenkandidat nicht zwingend Parteichef sein muss", sagte der frühere Generalsekretär. Gewöhnlich gelte ein Vorsitzender als potenzieller Spitzenkandidat, "es sei denn, es gibt gute Gründe, das anders zu entscheiden", so Niebel in dem Blatt.

"Da will sich jemand ins Spiel bringen"

Gute Gründe gegen Rösler gibt es für die FDP derzeit mehr als genug: Die Partei steckt seit Monaten im Umfragetief. Von vielen Parteimitgliedern wird vor allem Rösler dafür verantwortlich gemacht. Wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet, heißt es unter Abgeordneten schon: "Der ist weg". Oder: "Niemand in der Fraktion kann sich vorstellen, mit dem in den Wahlkampf zu ziehen." Also plädierte Niebel in dem Interview dafür, Rösler einen Spitzenkandidaten zur Seite zu stellen.

Am Donnerstag erschien das Interview, die Reaktionen folgten prompt. Parteimitglieder zeigten sich überzeugt, dass Niebel Rösler Konkurrenz machen wolle, sich selbst als Spitzenkandidat sehe. "Da möchte sich jemand ins Spiel bringen", hieß es. Und: "Da befindet sich jemand im Höhenflug." Denn während Rösler um sein politisches Überleben kämpft, strotzt Niebel vor Selbstbewusstsein. Erst vor wenigen Wochen kürte ihn die mächtige Südwest-FDP zum Spitzenkandidaten. Außerdem soll er auf dem Dreikönigstreffen sprechen, mit dem die Liberalen sich Anfang Januar traditionell für das neue politische Jahr in Stellung bringen. Manch ein Liberaler glaubt da, dass Niebel Rösler sogar gern das Amt des Parteivorsitzenden abluchsen würde.

Die Begeisterung unter Liberalen hielt sich angesichts dieser Aussicht in Grenzen. Der Chef der Jungen Liberalen, Lasse Becker, sagte, die JuLis kommentierten nicht jeden "unsinnigen Vorstoß eines unserer Egomanen aus der Partei- oder Fraktionsführung". Der schleswig-holsteinische Fraktionschef Wolfgang Kubicki sagte, die Ideen Niebels lösten bei ihm "Erstaunen und Kopfschütteln" aus.

Niebels Rolle rückwärts vor dem großen Sprung nach vorn

Es vergingen dann nur Stunden, bis Niebel seine Spitzenduo-Vision relativierte: Schon am Donnerstagnachmittag verbreitete sich die Meldung, er habe in dem Zeitungsinterview nur darauf hinweisen wollen, dass der Parteivorsitzende der natürliche Spitzenkandidat einer Partei sei, dass man generell aber nicht nur mit Spitzenkandidaten, die auch Parteivorsitzende seien, in die Wahl ziehen könne. Eine Doppelspitze lehnte er ab.

Das war gestern. Heute ist vom Wahlkampfmotor Niebel-Westerwelle die Rede. Die aktuelle Haltung des Entwicklungsministers zu Rösler als Spitzenkandidat: "Normalerweise macht das immer der Bundesvorsitzende. Das ist auch klug. Aber wir haben es immer so gehalten, dass der Vorsitzende als primus inter pares das Präsidium als Team in den Wahlkampf geführt hat."

Hin und her, her und hin und noch irgendetwas dazwischen - ist das eine neue Seite an Niebel? Nicht wirklich. Zur Erinnerung: Bevor er das Amt des Entwicklungsministers übernahm und mit Landsermütze auf dem Kopf von Krisenherd zu Krisenherd tingelte, wollte Niebel das Ressort abschaffen.

Quelle: ntv.de, mit rts/AFP

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