Politik

Die Motivation des Edward Snowden "Niemand stand auf, um es zu stoppen"

Wut gegen die Vereinigten Staaten - wie hier vor der US-Botschaft in Bolivien.

Wut gegen die Vereinigten Staaten - wie hier vor der US-Botschaft in Bolivien.

(Foto: AP)

Edward Snowden hat sich offenbar entschieden, er will nach Venezuela. Doch warum die Enthüllungen und die Flucht? Im Interview verrät er: Sein Glaube an die noblen Absichten der USA sei verloren gegangen. "Wir führen die Weltöffentlichkeit hinters Licht, um eine bestimmte Denkweise zu erzeugen", sagt er. Er habe beobachtet - und dann handeln müssen.

Edward Snowden ist ein gesuchter Mann - zuvorderst die USA, sein ehemaliger direkter und indirekter Arbeitgeber, will ihn in die Finger bekommen. Dann die Presse, die sich auf das Agentenstück stürzt. Und natürlich die Staaten Südamerikas, die sich zumindest einen Image-Gewinn versprechen, indem sie vollmundig von "humanitärem Asyl" sprechen. So wie Venezuela, wo Snowden nun ebenfalls offiziell den Antrag auf Zuflucht gestellt hat.

Edward Snowden soll immer noch in Moskau sein.

Edward Snowden soll immer noch in Moskau sein.

(Foto: REUTERS)

Vor Bekanntwerden des Gesuchs gab es noch ein mediales Lebenszeichen des Mannes, der im diplomatischen Bermuda-Dreieck verschollen zu sein scheint. Gesehen hat Snowden schon länger niemand mehr in Moskau.

So veröffentlichte der "Guardian" einen weiteren Teil des Video-Interviews mit dem Ex-Geheimdienstler. Der rund sieben Minuten lange Clip enthält nach den Enthüllungen der vergangenen Wochen kaum neue Informationen. Interessant ist jedoch ist die Erklärung Snowdens, warum er all dies auf sich nimmt.

Gewartet, beobachtet, gehandelt

"Ich will nicht in einer Welt leben, in der alles, was ich sage, alles was ich mache, der Name jedes Gesprächspartners, jeder Ausdruck von Kreativität, Liebe oder Freundschaft aufgezeichnet wird", sagt der inzwischen 30-jährige Enthüller in der Aufzeichnung vom 6. Juni. Jeder, der mit einer solchen Welt nicht einverstanden sei, habe die Pflicht, etwas zu tun.

Als er vor rund zehn Jahren zum US-Militär stieß und beim Geheimdienst landete, habe er noch an "unsere noblen Absichten" geglaubt, so Snowden. "Ich habe gewartet und beobachtet und versucht, meine Arbeit zu machen." Mit der Zeit sei ihm aber immer klarer geworden, dass niemand etwas unternehme. Das Gegenteil sei der Fall gewesen. "Die Methoden wurden immer schlimmer", die Kontrolle durch die Regierung immer invasiver. "Niemand ist aufgestanden, um es zu stoppen."

"Je länger ich Informationen hatte, Zugang zur Wahrheit, die nicht als Propaganda verpackt war, begriff ich: Wir sind daran beteiligt, die Weltöffentlichkeit hinters Licht zu führen, um ein bestimmtes globales Bewusstsein zu erzeugen, eine Denkweise." Snowden kritisiert in dem Video die Vorgehensweise der Führungsfiguren in den USA scharf: "Die Machtstrukturen arbeiten in ihrem eigenen Interesse. Sie wollen ihre Fähigkeiten auf Kosten der Freiheit ausbauen", so der abtrünnige Geheimdienstler.

"NSA hat Kongress belogen"

Die National Security Agency verstecke ihre Aktivitäten dabei auch vor den eigenen demokratischen Institutionen: "Die NSA hat den Kongress belogen, was die Spionageaktivitäten angeht." Es gebe keine Kommunikation in die USA hinein oder aus ihr heraus, die nicht überwacht werde. "Sie missbrauchen Gerichtsbeschlüsse über Einzelpersonen und wenden sie auf die gesamte Gesellschaft an. Sie wissen von allen Anrufen, sie erstellen Anruf- und Internetverbindungslisten für jeden Einzelnen." Dann habe er gedacht: "Das werde ich nicht unterstützen". Also bereitete Snowden seine Flucht vor.

Kommt nichts dazwischen, wird er wohl bald von Moskau nach Südamerika fliegen. Die Route dorthin dürfte klar sein - allein schon wegen der Forderungen und des diplomatischen Drucks der USA, den Enthüller der NSA-Spionageaktivitäten auszuliefern: Erst ein Direktflug in die kubanische Hauptstadt Havanna. Dann nach Süden. Dort liegt auch Venezuela.

Venezuela könne sich "diesen Luxus erlauben", weil ihre Wirtschaft nicht so stark von den USA abhänge, sagt der Chef des Obersten Rats der Privatunternehmen in Ecuador. Auch dort hatte Snowden Asyl beantragt. Die Bedeutung der USA für Nicaraguas Wirtschaft und soziale Entwicklung sei "enorm, wir reden hier von Exporten, ausländischen Investitionen, Hilfslieferungen". Zur Sicherheit Snowdens trüge ein Aufenthalt also nicht bei. Dann wohl lieber Venezuela - in Caracas wartet der sozialistische Präsident Nicolás Maduro bestimmt bereits auf den prominenten Ex-US-Geheimdienstler.

Quelle: ntv.de, mit dpa

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