Politik

Der Fall Katzav "Niemand steht über dem Gesetz"

Auch die Nummer 1 eines Staates kann verurteilt werden: Mosche Katzav

Auch die Nummer 1 eines Staates kann verurteilt werden: Mosche Katzav

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Gegen IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn werden schwere Vorwürfe erhoben: Er soll ein Zimmermädchen sexuell angegriffen haben. In Israel wurde Ex-Präsident Mosche Katzav wegen sexueller Übergriffe unlängst zu sieben Jahren Haft verurteilt. Katzav ist in Berufung gegangen und hat seine Gefängnisstrafe noch nicht angetreten. Das Urteil hat in Israel jedoch ein positives Echo hervorgerufen. Sie habe sich über die Entscheidung des Gerichts gefreut, sagt auch die israelische Autorin Michal Zamir im Gespräch mit n-tv.de. Es habe vor allem gezeigt: Niemand steht über dem Gesetz.

n-tv.de: Der israelische Ex-Präsident Mosche Katzav wurde wegen sexueller Übergriffe verurteilt. Er muss sieben Jahre ins Gefängnis, zusätzlich haben ihn die Richter zu zwei Jahren auf Bewährung sowie der Zahlung umgerechnet 20.000 Euro verurteilt. Ein gerechtes Urteil?

Michal Zamir: Wenn die Richter das so entschieden haben, dann ist das bestimmt so in Ordnung - ich entscheide darüber nicht. Aber sicherlich habe ich mich auch sehr über den Prozess gefreut. Es waren gerade und ehrliche Verhandlungen, die gezeigt haben: Niemand steht über dem Gesetz. Auch ein ehemaliger Ministerpräsident nicht.

Es ist nicht nur für Israel das erste Mal, dass die ehemalige Nummer 1 des Staates eine solche Gefängnisstrafe für eine zivile Straftat erhält. Wird das in der israelischen Gesellschaft etwas ändern?

Es wird in Zukunft bestimmt einiges ändern. Es ist weniger bequem geworden, hier über solche Dinge hinwegzusehen, beispielsweise über Missbrauch am Arbeitsplatz. Es hat eine Weile gedauert, bis man in Israel wirklich geglaubt hat, dass er schuldig war, aber am Ende waren fast alle von seiner Verurteilung überzeugt. Natürlich ist es immer schwer vorherzusehen, wie sich ein solcher Prozess auswirken wird, aber ich habe ohnehin schon länger das Gefühl, dass sich hier in den vergangenen Jahren bei diesem Thema einiges geändert hat. Und die Verurteilung von Mosche Katzav war sicher ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Die Büchse der Pandora wurde geöffnet und es wurde öffentlich: Hier geht es um sexuelle Nötigung und Vergewaltigung.

Glauben Sie, dass der Prozess um Mosche Katzav Frauen und Mädchen, die sexuell missbraucht worden sind, mehr Mut macht, an die Öffentlichkeit zu gehen?

Vielleicht, obwohl ich nicht glaube, dass es nochmal ein solches mediales Echo hierzulande geben wird. Selbst wenn beispielsweise bekannt werden sollte, dass ein großer Unternehmenschef seinen Mitarbeiterinnen so etwas antut, wird das wohl eher unter "hatten wir schon" abgehakt werden.

Könnte der Prozess der Mosche Katzav gemacht wurde, etwas für Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi, der derzeit wegen Bezahlung von Minderjährigen für Sex, vor Gericht steht, bedeuten?  

Glaubt an Veränderungen: Michal Zamir

Glaubt an Veränderungen: Michal Zamir

Silvio Berlusconi ist ein völlig anderer Fall. Soweit ich weiß, hat sich keine der Frauen über ihn beschwert. Er war bereit zu zahlen und die Frauen haben das Geld freiwillig genommen, es war eine gegenseitige Vereinbarung. Ob die betreffende Person da 17 oder 18 Jahre alt ist, ist meiner Ansicht nach egal. Bei Mosche Katzav lag der Fall völlig anders - er hat gedacht, dass er alles umsonst kriegt und vor allem: Er hat sich den Frauen gegen ihren Willen aufgedrängt. Hier ging es ganz konkret um Vergewaltigung. Wenn jemand nicht einwilligt, kann er oder sie 40 Jahre alt sein, es bleibt eine Vergewaltigung. Diese Geschichten waren weder sexy noch amüsant. Also noch einmal: Ich finde, das ist überhaupt kein Vergleich zu Berlusconi. Da geht es doch eher darum, ob die italienische Gesellschaft so jemanden als Regierungschef haben will.

Wurden Sie von den israelischen Medien auch nach dem Fall Katzav befragt? In Deutschland hat man nach der Veröffentlichung von "Das Mädchenschiff" damals eine Verbindung von Ihrem Roman zum Prozess gezogen.

In Israel wurde diese Verbindung niemals gezogen, was auch damit zusammen hängt, dass hier das "Mädchenschiff" lange vor dem Katzav-Skandal erschienen ist. In Deutschland erschien das Buch zufällig gleichzeitig mit den ersten Anschuldigungen gegen Katzav und da wurde dann diese Verbindung hergestellt und ich dementsprechend auf den Skandal angesprochen. Aber hier hatten die Medien genügend Leute, die auch viel näher an dem Geschehen dran waren als ich.

Mit Michal Zamir sprach Samira Lazarovic.

In ihrem Roman "Das Mädchenschiff", der auch in Deutschland zum Bestseller wurde, schildert Michal Zamir die Dienstzeit einer jungen Frau in der israelischen Armee, die von fortwährenden sexuellen Belästigungen begleitet wird.

Quelle: ntv.de

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