Obama in der Klemme Nobelpreis für ein Versprechen
10.12.2009, 14:29 Uhr
Obama vor der Fotowand mit berühmten Nobelpreis-Trägern.
(Foto: AP)
Wie erklärt ein Präsident der größten Militärmacht der Welt den Erhalt des Friedensnobelpreises? Die Rede von US-Präsident Obama in Oslo ist eine seiner schwierigsten. Wenn es um die Durchsetzung humanitärer Ziele gehe, sei ein Krieg manchmal zu rechtfertigen, erklärt er. Auch Hitler hätte durch eine gewaltfreie Bewegung nicht gestoppt werden können.
US-Präsident Barack Obama hat in seiner knapp einjährigen Amtszeit bereits viele Reden gehalten. Einige Ansprachen des Charismatikers waren so beeindruckend, dass sie wirklich Hoffnung auf eine Entspannung in den Krisenregionen der Welt machten. Bei seiner Rede anlässlich der Verleihung des Friedensnobelpreises in Oslo musste Obama einen Spagat hinlegen: Wie erklärt ein Friedensnobelpreisträger, der zugleich Präsident der größten Militärmacht der Welt ist, seine Auszeichnung, wenn er gerade erst angekündigt hat, weitere 30.000 Soldaten nach Afghanistan zu schicken?
Dass die Preisverleihung für ihn nicht nur ein Grund zur Freude war, stand dem 44. Präsidenten der USA ins Gesicht geschrieben. Die Verantwortung, die mit diesem Preis verbunden ist, schien ihm bewusst zu sein. Er nehme den Preis mit "tiefer Dankbarkeit und großer Demut" entgegen, sagte ein bedacht und zugleich entschlossen wirkender Obama.
"Einige werden töten"

Der US-Präsident nimmt den Friedensnobelpreis in Empfang. Das Preisgeld in Höhe von umgerechnet etwa einer Million Euro will er spenden.
(Foto: AP)
"Wir stehen im Krieg", räumte er in seiner Dankesrede in Anspielung auf die Konflikte in Afghanistan und im Irak denn auch unumwunden ein. "Einige werden töten. Andere werden getötet." Er sei sich des Preises, den man für bewaffnete Konflikte zahlen müsse, dabei sehr wohl bewusst.
Zwar würdigte Obama in seiner Rede gewaltlose Aktionen wie die von Mahatma Gandhi und Martin Luther King; allerdings könne er keine Politik allein in deren Sinne führen. Als Präsident der USA müsse er zunächst sein Land verteidigen und die Bedrohungen von außen zur Kenntnis nehmen. Die Anwendung von Gewalt sei manchmal gerechtfertigt. "Eine gewaltlose Bewegung hätte Hitlers Armeen nicht gestoppt und Verhandlungen werden die Anführer von Al-Kaida nicht überzeugen, die Waffen niederzulegen", sagte er.
Nobelpreis ist "Aufruf zum Handeln"
Schon im Vorfeld hatte Obama klargemacht, dass er zunächst Präsident der USA sei: Zwar versprach er eine auf internationale Zusammenarbeit ausgerichtete Außenpolitik, die sich für Frieden und Stabilität in der Welt einsetze. Oberstes Ziel sei aber nicht, einen "Popularitätswettbewerb" zu gewinnen, sondern die Interessen seines Landes durchzusetzen, sagte er bei einer Pressekonferenz mit dem norwegischen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg.
Das Nobelkomitee hatte im Oktober die Auszeichnung für Obama mit dessen "außergewöhnlichem Einsatz zur Stärkung der internationalen Diplomatie und der Zusammenarbeit zwischen den Völkern" begründet. Auch in der Klimapolitik hätten die USA unter Obama eine konstruktive Rolle übernommen. In der Tat kam in den ersten Monaten nach der Amtsübernahme von George W. Bush, der als einer der unbeliebtesten Präsidenten in die US-Geschichte eingegangen ist, Hoffnung auf. Es war ein versöhnlicherer und offenerer Ton, den der neue Präsident anschlug. Obama selbst habe den Nobelpreis als einen "Aufruf zum Handeln" bezeichnet, sagte Thorbjörn Jagland, der Vorsitzende des Osloer Nobelkomitees anlässlich der Verleihung. "Präsident Obama hat das norwegische Nobelkomitee perfekt verstanden."
Versprechungen im Monatstakt

Nach dem Willen Obamas soll im Jahr 2011 mit dem Abzug aus Afghanistan begonnen werden.
(Foto: picture alliance / dpa)
Dass im Januar erstmals ein Schwarzer Präsident der USA wurde, weckte vor allem bei der afroamerikanischen Bevölkerung Hoffnungen - verkörperte dies doch für sie die endgültige Überwindung der Sklaverei. Die Versprechungen auf eine bessere Welt kamen sodann im Monatstakt: Gleich nach seinem Amtseintritt verkündete Obama die geplante Schließung des umstrittenen US-Gefangenenlagers Guantánamo, einen Truppenabzug aus dem Irak und ein Folterverbot bei CIA-Verhören. Im April setzte er sich in Prag für eine Welt ohne Atomwaffen ein, im Juni bot er in Kairo allen Muslimen weltweit einen Neuanfang in den Beziehungen mit den USA an. Auch die Pläne für ein Raketenabwehrschild, das nach dem Willen von George Bush in Polen und Tschechien gebaut werden sollte, sagte Obama ab.
Als das Nobelpreiskomitee im Oktober den diesjährigen Friedensnobelpreisträger bekannt gab, war die Überraschung groß. In seiner bis dahin noch nicht einmal einjährigen Amtszeit habe er wenig Konkretes erreicht, sagten Kritiker. Weltweit war moniert worden, die Preisverleihung sei wegen der Eskalation des Krieges am Hindukusch und der erfolglosen Friedensbemühungen im Nahen Osten voreilig. Noch kurz vor der Preisvergabe hatte Obama gesagt, dass er sich nicht auf einer Ebene mit früheren Friedensnobelpreisträgern wie Nelson Mandela oder Mutter Teresa befinde. "Ich habe keinen Zweifel daran, dass es andere geben mag, die den Preis mehr verdient hätten", sagte er.

Nahe der Verleihung kamen auch hunderte Demonstranten zusammen, die den Preisträger nicht stützen.
(Foto: Reuters)
Die Kritik kam schon auf, noch bevor Obama Anfang Dezember verkündete, die Truppen für Afghanistan aufzustocken. Erst Ende März hatte er 21.000 zusätzliche Soldaten an den Hindukusch beordert, nun sollen 30.000 weitere folgen. Auch von seinen NATO-Partnern fordert er mehr Unterstützung. "Amerika kann nicht allein den Frieden sichern", sagte Obama nun in seiner Dankesrede. Hierfür auch die Hilfe seiner Verbündeten einzufordern, wird er mit seinem Vorgänger Bush gemeinsam haben.
Quelle: ntv.de