Politik

Bayern droht mit Alleingang Nordländer wegen Klage außer sich

Über den Länderfinanzausgleich sollen vergleichbare Lebensbedingungen in der Bundesrepublik hergestellt werden.

Über den Länderfinanzausgleich sollen vergleichbare Lebensbedingungen in der Bundesrepublik hergestellt werden.

(Foto: dpa)

Bayern will ernst machen: Auch ohne die Unterstützung anderer Geberländer will Seehofer gegen den Finanzausgleich klagen. Die nördlichen Nehmerländer sind empört. Schließlich habe Bayern jahrzehntelang von dem Solidarpakt profitiert. Manch einer wittert in der harten Linie der CSU/FDP-Regierung ein wahltaktisches Manöver.

Kurz vor einer entscheidenden Kabinettssitzung in Bayern droht der Streit um den Finanzausgleich unter den Bundesländern zu eskalieren. Vor allem bei den norddeutschen Bundesländern stößt die angekündigte Klage gegen den Solidarvertrag auf Kritik. "Ich habe überhaupt kein Verständnis für eine solche Klage", sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering dem "Hamburger Abendblatt". Er warf dem bayerischen Regierungschef Horst Seehofer vor, im Vorfeld der Landtagswahl in Bayern "wieder einmal auf Spaltung statt auf Gemeinsamkeit in Deutschland" zu setzen.

Sellering wies darauf hin, dass Bayern fast 40 Jahre lang vom Länderfinanzausgleich profitiert habe. "Ich finde es unmöglich, wenn nun ausgerechnet dieses Land die Solidarität in Deutschland infrage stellt und die bis 2019 fest vereinbarten Regelungen aufkündigen will", sagte der Schweriner Regierungschef.

Kabinett in München entscheidet heute

Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen sagte, sein Land habe "grundgesetzlich einen Anspruch auf Konsolidierungshilfe". Eine Veränderung des Länderfinanzausgleichs zum Nachteil Bremens wäre "ein Bruch bestehender Vereinbarungen". Böhrnsen wertete Seehofers Vorstoß als Beitrag zum bayerischen Landtagswahlkampf. Das Bundesverfassungsgericht könne höchstens den Auftrag an Bund und Länder erteilen, miteinander zu reden. "Das müssen wir für die Zeit nach 2019 aber sowieso." 2019 läuft der jetzige Finanzausgleich aus.

Der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister sagte, es gebe "nun einmal unterschiedliche Auffassungen zwischen den drei süddeutschen Ländern und den anderen Ländern. Wichtig ist, dass wir im Gespräch bleiben."

Das bayerische Kabinett will an diesem Dienstag über die seit Langem angedrohte Verfassungsklage gegen den Länderfinanzausgleich entscheiden. Bayerns Ministerpräsident Seehofer (CSU) verteidigte in der "Süddeutschen Zeitung" die Verfassungsklage. "Wenn Gespräche mit den anderen Ländern nichts bewegen, dann bleibt uns Bayern nur der Weg nach Karlsruhe", sagte Seehofer der "SZ". "Bei aller Solidarität haben wir immer klargemacht: ein Transfersystem, bei dem Bayern allein die Hälfte der gesamten Ausgleichssumme in ganz Deutschland zahlt, ist aus dem Ruder gelaufen und muss korrigiert werden."

Hessen und Baden-Württemberg zögern

Der Fraktionschef der CSU im bayerischen Landtag, Georg Schmid, forderte derweil in der "Welt" seine Partei auf, auch ohne die Unterstützung anderer Geberländer für eine Neuordnung des Länderfinanzausgleichs nach Karlsruhe zu ziehen. "Notfalls müssen wir auch allein klagen", sagte Schmid.

Hessen hatte angekündigt, mindestens bis Jahresende warten zu wollen. Vorbehalte gibt es auch in Baden-Württemberg. In der Vergangenheit hatten die Geberländer schon mehrfach über eine Klage nachgedacht.

Der Länderfinanzausgleich sieht vor, dass die reichen Bundesländer den armen helfen, damit überall in Deutschland vergleichbare Lebensbedingungen herrschen können. Derzeit gibt es nur vier Geberländer: Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg. Laut "SZ" will Bayern bis Herbst die Klageschrift erarbeiten, im Spätherbst könnte sie in Karlsruhe eingereicht werden. Mit einer Entscheidung der Verfassungsrichter rechnet die bayerische Staatskanzlei dem Bericht zufolge offenbar nicht mehr vor der Landtagswahl und der Bundestagswahl im Herbst 2013.

Quelle: ntv.de, jog/dpa/AFP

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