"Rumpelstilzchen macht sich lächerlich" Bayern will Solidarität beenden
16.07.2012, 19:53 Uhr
Seehofer liebt Stammtischreden, kommt aber nicht immer gut damit an.
(Foto: dpa)
Bayern will seine Dauer-Drohung wahr machen und gegen den geltenden Länderfinanzausgleich klagen. Am Dienstag entscheidet das Kabinett. Die Nehmerländer bleiben gelassen und amüsieren sich über CSU-Chef und Ministerpräsident Seehofer, der in "Berlin eine andere Sprache spricht, als in Bayern". Die CSU hatte den Finanzausgleich selbst mit ausgehandelt.
Bayern macht im Streit um den Länderfinanzausgleich ernst: An diesem Dienstag will das schwarz-gelbe Kabinett über die seit langem angedrohte Klage entscheiden. Man habe lange genug mit den anderen Bundesländern über die Notwendigkeit einer Reform geredet, erklärte Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer. Von Vize-Regierungschef Martin Zeil (FDP) hieß es, der Worte seien genug gewechselt. SPD und Grüne überschütteten die CSU mit Spott - weil diese den jetzigen Finanzausgleich einst mit ausgehandelt habe. Regierungschefs der Nehmerländer nahmen die geplante Klage gelassen.
Die drei Geberländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen hatten den Nehmerländern schon mehrfach mit Klage gedroht, sollten diese nicht in einvernehmliche Gespräche über eine Reform des Finanzausgleichs einwilligen. Der Freistaat - einst selbst Nehmerland - hat inzwischen mit Abstand die Hauptlast zu tragen.
Zeil erklärte weiter: "Es ist höchste Zeit, Bayern und seinen Steuerzahlern zu ihrem Recht zu verhelfen." Auch die schwarz-gelbe Landtagskoalition trage dies mit, sagte CSU-Fraktionschef Georg Schmid.
Opposition amüsiert sich über Seehofer
Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) sagte: "Es gibt nun einmal unterschiedliche Auffassungen zwischen den drei süddeutschen Ländern und den anderen Ländern. Wichtig ist, dass wir im Gespräch bleiben." Der Bürgermeister des hoch verschuldete Bremen, Jens Böhrnsen (SPD), wertete Seehofers Vorstoß als Beitrag zum bayerischen Landtagswahlkampf. Karlsruhe könne höchstens den Auftrag an Bund und Länder erteilen, miteinander zu reden. "Das müssen wir für die Zeit nach 2019 aber sowieso." 2019 läuft der jetzige Finanzausgleich aus.
Bayerns SPD-Landeschef Florian Pronold sagte, er sehe der Klage mit großem Vergnügen entgegen. "Denn dann muss Seehofer vor Gericht erklären, wieso er als Abgeordneter im Bundestag für den Länderfinanzausgleich gestimmt hat und jetzt als Ministerpräsident dagegen klagen will." Schließlich sei der heute von der CSU beklagte Länderfinanzausgleich vom früheren CSU-Ministerpräsidenten Edmund Stoiber ausgehandelt, als großer Erfolg für Bayern gefeiert und mit den Stimmen der heutigen CSU-Prominenz - inklusive Seehofer - in Gesetzesform gegossen worden. Ähnlich äußerten sich die Grünen.
Auch der bayerische SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Christian Ude, kritisierte Seehofers Drohgebärden. "Diese ständigen Drohungen, wenn mein Wille nicht geschieht, dann stürze ich die Kanzlerin, werden immer lächerlicher", sagte Münchens Oberbürgermeister der "Zeit". Damit provoziere Seehofer "nicht mehr Angst und Schrecken, sondern bloß Kopfschütteln". Seehofer habe seinen Konfrontationskurs "völlig überzogen und sich verrannt". Er sei nunmehr das "Rumpelstilzchen der schwarz-gelben Koalition".
Die Staatskanzlei und CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt warfen SPD und Grünen im Gegenzug vor, bayerische Interessen zu verraten.
Quelle: ntv.de, dpa