Kiews Regierungspartei fordert Reformen Nun verhandeln EU und Russland
16.12.2013, 10:57 Uhr
Auch bei eisigen Temperaturen harren die Demonstranten in Kiew aus.
(Foto: dpa)
Die EU-Außenminister und ihr russischer Kollege wollen über eine Annäherung der Ukraine an die Europäische Union sprechen. Gleichzeitig stellt Moskau dem Land dringend benötigte Kredite in Aussicht. Doch auch in Kiew gibt es neue Stimmen.
Nach dem Kiewer Krisengipfel zwischen Regierung und Opposition treffen sich an diesem Montag die 28 EU-Außenminister mit ihrem russischen Kollegen Sergej Lawrow, um über eine mögliche Annäherung der Ukraine an die Europäische Union zu diskutieren. Es wird erwartet, dass bei einem gemeinsamen Mittagessen in Brüssel über das von der EU und der früheren Sowjetrepublik ausgehandelte Assoziierungsabkommen debattiert wird.
Die ukrainische Regierung hatte nach russischem Druck vorerst auf die Unterzeichnung des Abkommens verzichtet. Dies hatte seit Wochen andauernde Proteste gegen die Regierung ausgelöst. Zuletzt demonstrierten in der Hauptstadt Kiew Zehntausende Gegner, aber auch Anhänger des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Ein Krisengipfel zwischen beiden Seiten hatte am Freitag keine Annäherung gebracht.
Murren in der Regierungspartei
Angesichts der Proteste forderten nun auch Abgeordnete der Regierungspartei von Ministerpräsident Mykola Asarow eine umfassende Regierungsumbildung. "90 Prozent" der Regierung müssten ausgetauscht werden", sagte die Abgeordnete Anna Gurman nach einem Treffen von Parlamentariern der Partei der Regionen mit Asarow.
Asarow habe zugesichert, Präsident Viktor Janukowitsch über die "Position der Fraktion" in Kenntnis zu setzen. Ein Rücktritt Asarows sei bei dem Treffen hinter verschlossenen Türen nicht erörtert worden, hieß es weiter.
Der scheidende Bundesaußenminister Guido Westerwelle bekräftigte den Willen der EU, das blockierte Assoziierungsabkommen zu unterzeichnen. "Die Tür zur Europäischen Union, sie steht weiter für die Ukraine offen", sagte er in Brüssel. Die EU sei weiter daran interessiert, "dass die Ukraine das Assoziierungsabkommen unterzeichnet, dafür gibt es auch immer noch eine gewisse Hoffnung". Ähnlich äußerten sich auch andere Minister.
Dagegen warf Russlands Außenminister Lawrow der EU am Wochenende vor, sich "schamlos" zu verhalten und sich in innere Angelegenheiten der Ukraine einzumischen. Die frühere Sowjetrepublik ist stark auf Energielieferungen aus Russland angewiesen, zahlt aber bisher deutlich höhere Preise als westeuropäische Staaten.
Moskau will neue Kredite geben
Moskau stellte der nahezu bankrotten Ukraine zudem neue Finanzhilfen in Milliardenhöhe in Aussicht. "Ich bezweifele nicht, dass ein Kredit bewilligt würde, falls es eine entsprechende Anfrage gibt", sagte der Wirtschaftsberater von Kremlchef Wladimir Putin, Andrej Beloussow, russischen Agenturen zufolge. "Die Ukraine kann ohne einen Kredit von dieser oder jener Seite keine wirtschaftliche Stabilität garantieren", fügte er an.
Der ukrainische Präsident Janukowitsch reist an diesem Dienstag zu Gesprächen nach Moskau. Dabei soll es um niedrigere Gaspreise und um eine von Russland angestrebte Zollunion gehen. Bislang lehnt die Kiewer Regierung einen Beitritt ab. Auch die regierungskritischen Demonstranten sind gegen die Zollunion. Sie fordern stattdessen einen Westkurs des Landes.
Ein dickes Paket an Dokumenten liege für die russisch-ukrainischen Regierungskonsultationen bereit, teilte der Kreml mit. Demnach sollen im Beisein von Putin und Janukowitsch Projekte in der Energie- und in der Agrarwirtschaft sowie im Verkehr und in der Raumfahrt auf den Weg gebracht werden. Russland hatte der Ukraine dies als Alternative für den Verzicht auf eine Partnerschaft mit der EU angeboten.
Vitali Klitschko, Boxweltmeister und einer der Oppositionsführer, warf Janukowitsch derweil vor, ihn beschatten zu lassen. "Ich weiß, dass ich hier abgehört und verfolgt werde, jeder meiner Schritte genau beobachtet wird", schrieb er in einem Gastbeitrag für die "Bild"-Zeitung. Aus seiner Sicht kann es ein Abkommen mit der EU nur bei einem Rücktritt der ukrainischen Regierung geben. Der Kiewer Führung warf er erneut Täuschung vor, wenn diese beteuere, an der Unterzeichnung des Abkommens festzuhalten.
Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP