Online-Durchsuchungen Nur unter Auflagen möglich
27.02.2008, 12:28 UhrDas Bundesverfassungsgericht hält Online-Durchsuchungen unter Auflagen für zulässig. Das Ausspähen von Computern sei grundsätzlich nur dann verfassungsgemäß, wenn es tatsächliche Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut gebe, urteilte das oberste deutsche Gericht in Karlsruhe. Das nordrhein-westfälische Gesetz zur Online-Durchsuchung verwarf das Gericht darum und erklärte, das Gesetz verletzte das allgemeine Persönlichkeitsrecht und sei nichtig.
Nach dem NRW-Gesetz durfte der Landesverfassungsschutz E-Mails oder Internet-Chats beobachten. Die Behörden konnten auf Festplatten gespeicherte Daten ausspionieren. Auch der Zugriff auf Internet-Telefonate war erlaubt. Dagegen geklagt hatten der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), zwei weitere Anwälte, eine Journalistin und ein Mitglied der Linken.
Union und SPD hatten mit dem Urteil gerechnet und wollen jetzt zügig eine gesetzliche Grundlage für Online-Durchsuchungen schaffen. Beide Parteien gehen davon aus, die neuen Anti-Terror-Befugnisse des Bundeskriminalamtes inklusive der Online-Durchsuchung noch vor der Sommerpause im Bundestag zu verabschieden.
"Ohrfeige für Schäuble"
Für die Grünen ist das Karlsruher Urteil "eine schallende Ohrfeige". Der Grünen-Rechtspolitiker Volker Beck sagte: "Dieses bahnbrechende Urteil ist ein Sieg für alle, denen die Bürgerrechte und der Datenschutz der Bürgerinnen und Bürger am Herzen liegen." Sein Partei-Kollege Hans-Christian Ströbele rief einen "ganz, ganz tollen Tag für die Bürgerrechte in Deutschland insgesamt" aus. Das Urteil sei eine herbe Niederlage für die bisherigen Pläne von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), sagte der Fraktionsvize bei n-tv.
Der FDP-Parteichef Guido Westerwelle bezeichnete die Karlsruher Entscheidung als einen "Meilenstein der Rechtsgeschichte für Freiheit und Bürgerrechte". Das Gericht stoppe mit seinem Urteil "die Aushöhlung der Privatsphäre, wie sie unter Rot-Grün mit Otto Schily begann und wie sie jetzt unter Schwarz-Rot mit Wolfgang Schäuble fortgesetzt werden soll".
Der Deutsche Fachjournalisten-Verband (DFJV) begrüßte ebenfalls die Entscheidung. "Das Vorhaben der Online-Durchsuchung war von Anfang an juristisch fragwürdig", sagte Vorstandsmitglied Thomas Dreesen. Eine Ausweitung staatlicher Abhörmöglichkeiten durch die geplante Online-Durchsuchung hätte den Informantenschutz der Journalisten noch weiter ausgehebelt.
Quelle: ntv.de