Teilrückzug vom Hindukusch OEF-Ausstieg erwogen
16.02.2008, 13:47 UhrDie Bundesregierung erwägt offenbar einen Ausstieg aus der US-geführten Anti-Terror-Operation "Enduring Freedom" (OEF) in Afghanistan. Erste Sondierungen bei der US-Regierung hätten ergeben, dass Washington dafür verstärktes deutsches Engagement im Süden des Landes verlangen würde, meldet der "Spiegel". Die Bundesregierung dementierte den Bericht erwartungsgemäß.
Mit dem 2001 als Reaktion auf die Anschläge vom 11. September auf die USA gestarteten OEF-Einsatz soll vor allem verhindert werden, dass sich Terroristen Rückzugsgebiete suchen und von dort aus neue Anschläge planen. Dafür sind derzeit etwa 260 deutsche Marinesoldaten am Horn von Afrika zur Seeraumüberwachung im Einsatz. In Afghanistan stellt die Bundeswehr ferner bis zu 100 Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) zur Verfügung, die aber nach Angaben des Verteidigungsministeriums seit 2005 unter OEF in Afghanistan nicht zum Einsatz gekommen sind.
US-Verteidigungsminister Robert Gates hatte erst kürzlich ein deutlich stärkeres Engagement deutscher Truppen in Afghanistan und die Ausweitung des Einsatzes auf den Süden des Landes angemahnt, wo die NATO gegen die radikal-islamischen Taliban kämpft. Das lehnt die Bundesregierung aber strikt ab.
Grünen-Antrag abgelehnt
Der Bundestag hatte sich erst am Donnerstag mehrheitlich zur OEF-Beteiligung bekannt. Mit den Stimmen aller anderen Fraktionen wurde ein Antrag der Grünen abgelehnt, sich weiter an der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF zu beteiligen, aber das deutsche OEF- Engagement zu beenden. Im Gegensatz zur ISAF hat die OEF kein UN- Mandat. Grundlage dafür sind Resolutionen des Weltsicherheitsrates. Der Bundeswehreinsatz wurde Mitte November 2007 um ein Jahr verlängert.
Die Bundesregierung will am Dienstag mit den Spitzen der großen Koalition über die Verlängerung des befristeten Mandats für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr beraten. Die Regierung hält es für sinnvoll, im Oktober das Mandat um 18 statt 12 Monate zu verlängern, um 2009 nicht inmitten der Konstituierung von Bundestag und Regierung nach der Wahl über den Afghanistan-Einsatz entscheiden zu müssen. In Parlament und Ministerien wird zudem über die Erhöhung der derzeitigen zulässigen Zahl von 3500 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan um mindestens 1000 Kräfte debattiert.
Ein Regierungssprecher betonte am Samstag mit Blick auf den "Spiegel"-Bericht: "Es bleibt dabei, dass über den Inhalt und die Ausgestaltung der neuen Mandate ab Oktober und November 2008 erst im Sommer entschieden wird."
"Allianz la carte"
Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger kritisierte die deutsche Haltung zum "Krieg gegen den Terror" heftig. "Wir können in der NATO langfristig nicht zwei Sorten von Mitgliedern haben", sagte er dem "Spiegel". "Die eine Sorte ist bereit zu kämpfen, die andere macht Allianz la carte. Das funktioniert nicht." Wer Teil einer Allianz sei, müsse auch bereit sein, in den Krieg zu ziehen: "Wir brauchen mehr deutsche Truppen, und wir brauchen mehr NATO-Truppen in Afghanistan. Was nicht angeht, ist, dass eines der NATO-Länder seine Soldaten bevorzugt in Gegenden schickt, in denen nicht gekämpft wird. Das ist keine gesunde Situation."
Quelle: ntv.de