Chemiewaffeneinsatz als "rote Linie" Obama droht Assad mit Krieg
21.08.2012, 06:49 Uhr
Obama hatte kurzfristig ins Pressezentrum des Weißen Hauses geladen.
(Foto: REUTERS)
US-Präsident Obama richtet eine unmissverständliche Warnung an Syrien: Sollte Assad Chemiewaffen einsetzen, hätte das ein militärisches Eingreifen der USA zur Folge. Syrien soll nach Schätzungen der USA über das größte Chemiewaffenarsenal im Nahen Osten verfügen und auch biologische Kampfstoffe besitzen. Verlässliche Zahlen gibt es nicht.
Die USA schließen einen Militäreinsatz im Syrien-Konflikt nicht mehr aus. Mit der Verwendung biologischer oder chemischer Massenvernichtungswaffen würde eine "rote Linie" überschritten, sagte US-Präsident Barack Obama in Washington. Der Konflikt würde sich dadurch spürbar ausweiten, wovon auch Verbündete in der Region wie Israel sowie die USA selbst betroffen wären. Die Warnung richtete Obama an die Regierung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad sowie an "alle Akteure in der Region".
Seit Beginn des Aufstandes gegen Assad im März 2011 wurden in dem Bürgerkrieg nach Angaben von Aktivisten mehr als 20.000 Menschen getötet.
Die USA beobachteten die Situation sehr sorgfältig, betonte Obama. "Wir haben eine Reihe von Eventualplänen zusammengestellt." Die Frage der Chemiewaffen betreffe nicht nur Syrien. Wir können keine Situation haben, in der chemische oder biologische Waffen in die Hände der falschen Leute fallen."
Vor rund einem Monat hatten Äußerungen eines Sprechers des syrischen Außenministeriums weltweite Sorge über das syrische Chemiewaffenarsenal ausgelöst. Zunächst hatte der Sprecher gesagt, Syrien würde Chemiewaffen nicht gegen die Aufständischen im eigenen Land, sondern nur gegen "äußere Aggressoren" einsetzen - dies war im Ausland als Drohung aufgefasst worden. Einen Tag später korrigierte er seine Aussagen und versicherte er, sein Land würde "niemals chemische und biologische Waffen nutzen".
Schon damals warnte Obama das Assad-Regime vor einem "tragischen Fehler". Israels Außenminister Avigdor Lieberman drohte mit Krieg, sollten chemische Kampfmittel in Syrien in die Hände der islamistischen Hisbollah gelangen.
Senfgas, Tabun und Sarin
Syrien soll über das größte Chemiewaffenarsenal im Nahen Osten verfügen und auch biologische Kampfstoffe besitzen. Damaskus hat mehrfach den Besitz von Chemiewaffen eingeräumt, allerdings ohne Einzelheiten zu nennen.
Der US-Geheimdienst CIA schätzt, dass das Regime über mehrere hundert Liter chemischer Kampfstoffe verfügt, unter anderem über Senfgas, Tabun und das Nervengas Sarin. Die USA haben den Verdacht, dass Syrien für die Produktion technische Hilfe aus dem Iran erhält. Als Reaktion auf die andauernden Kämpfe hatte die syrische Regierung Medienberichten zufolge die Sicherung ihrer Chemiewaffendepots verstärkt und Teile ihres Arsenals verlegt.
Berlin dementiert Spionageeinsatz
Berichte über eine mutmaßliche Spionageaktion eines deutschen Aufklärungsschiffs vor der syrischen Küste dementierte derweil der Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums, Stefan Paris. Zu den genauen Zielen des Einsatzes der "Oker" und einem möglichen Zusammenhang mit den Kämpfen in Syrien wollte er indes keine Angaben machen. Bei der "Oker" handele es sich um ein sogenanntes Flottendienstboot - diese Schiffe seien unbewaffnete "Frühwarn-, Fernmelde- und Aufklärungseinheiten", erklärte Paris. Flottendienstboote der deutschen Marine operieren demnach "seit Jahren auch routinemäßig im Bereich des Mittelmeeres".
Japanische Journalistin getötet
Derweil ist in der hart umkämpften nordsyrischen Stadt Aleppo eine japanische Journalistin getötet worden. Das teilte die Regierung in Tokio mit. Die 45-Jährige hatte jahrelange aus Konfliktgebieten wie Afghanistan und Irak berichtet. Wie die in London ansässige Gruppe Syrische Menschenrechtsbeobachter mitteilte, wurden drei andere Reporter vermisst.
Der berüchtigte Chef des Geheimdienstes der syrischen Luftwaffe, Dschamil Hassan, soll einem Anschlag zum Opfer gefallen sein. Regimegegner berichteten, Hassan sei auf dem Militärflughafen Messe in Damaskus schwer verletzt worden. Man habe ihn in ein Krankenhaus in der russischen Hauptstadt Moskau gebracht, wo ihm die Ärzte aber nicht mehr hätten helfen können.
Türkei regt Schutzzonen in Syrien an
Wegen der schnell wachsenden Zahl syrischer Flüchtlinge fordert die Türkei jetzt Vorbereitungen für die Einrichtung von Schutzzonen auf syrischem Boden. Die türkischen Lager könnten nicht mehr als 100.000 Flüchtlinge aufnehmen, zitierte die Tageszeitung "Hürriyet" Außenminister Ahmet Davutoglu. Die Vereinten Nationen könnten Lager auf syrischer Seite der Grenze errichten.
In Damaskus packten unterdessen die letzten Mitglieder der UN-Beobachtertruppe Unsmis ihre Koffer. Der Sicherheitsrat hatte entschieden, das Mandat der im April nach Syrien entsandten Beobachter nicht über Sonntag hinaus zu verlängern. Anstatt wie geplant einen Waffenstillstand zu überwachen, hatte die UN-Truppe hilflos zugesehen, wie das Land immer tiefer im Bürgerkrieg versank.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP/rts