Rede an die Nation Obama geht in die Offensive
25.01.2012, 07:16 Uhr
Barack Obama wollte als Präsident politische Brücken bauen, aber jetzt muss er um seine Wiederwahl bangen. In seinem Lagebericht zur Nation grenzt er sich klar von den Republikanern ab, bietet ihnen aber erneut seine Zusammenarbeit an. Mit populistischen Tönen geht er auf Konfrontationskurs gegen Reiche, gegen Iran und gegen China.
Zehn Monate vor der Wahl hat US-Präsident Barack Obama in der Rede zur Lage der Nation einen stärkeren Beitrag der Reichen für die wirtschaftliche Erholung des Landes gefordert. Obama verlangte, dass Millionäre mindestens 30 Prozent Steuern zahlen müssten. Außenpolitisch zeigte der Präsident Härte im Atomstreit mit dem Iran, dazu kündigte er in Handelskonflikten mit China eine schärfere Gangart an.
Obama mahnte in seiner Rede vor dem Kongress, dass für alle Menschen in den USA die gleichen Regeln gelten müssten, "von oben bis unten". Neben dem Mindestsatz von 30 Prozent will der Präsident Millionären auch verschiedene Steuererleichterungen streichen. Dagegen versprach Obama, die Steuern für Haushalte mit einem Jahreseinkommen von unter 250.000 Dollar nicht zu erhöhen.
"Wir können uns entweder mit einem Land zufrieden geben, in dem es einer schrumpfenden Zahl von Menschen richtig gut geht, während eine wachsende Zahl Amerikaner kaum über die Runden kommen", sagte Obama in der Rede, die landesweit von Millionen Menschen am Fernseher verfolgt wurde. "Oder wir können eine Wirtschaft wiederherstellen, wo jeder eine faire Chance bekommt."
Obama setzt auf die Mittelschicht
Der Kampf gegen die wachsende soziale Ungleichheit entwickelt sich zu einem zentralen Wahlkampfthema Obamas, mit dem der Präsident vor allem bei der Mittelschicht zu punkten hofft. Einer im vergangenen Herbst veröffentlichten Studie des Haushaltsbüro des Kongresses hat sich das Einkommen des reichsten Prozent in den USA seit 1979 fast verdreifacht, der Wohlstand der breiten Bevölkerung wuchs dagegen kaum.
Mahnung an die Republikaner
Angesichts des Widerstandes der Republikaner im Kongress dürfte Obama seine Steuerversprechen aber kaum durchsetzen können. Der Präsident bot den Gegnern seine Zusammenarbeit an. "Aber ich habe vor, Blockaden mit Handeln zu bekämpfen", rief er unter dem Jubel seiner Demokraten. "Und ich werde mich gegen jeden Versuch stemmen, zu genau der gleichen Politik zurückzukehren, die diese Wirtschaftskrise erst verursacht hat."
Konjunkturprogramme bringen Jobs
Wegen der schwachen Wirtschaftslage und der hohen Arbeitslosigkeit muss der Präsident um seine Wiederwahl im November fürchten. Obama verteidigte in der Rede seine Politik, zur Erholung der Wirtschaft ungeachtet des massiven Schuldenberges der USA milliardenschwere Konjunkturprogramme aufzulegen. Dadurch seien mehr als drei Millionen Jobs in weniger als zwei Jahren entstanden und die US-Autoindustrie vor dem Untergang bewahrt worden. "Die Lage unserer Nation wird stärker," erklärte Obama.
Härte gegenüber Iran
Im Atomstreit mit dem Iran bekräftigte Obama die Entschlossenheit der USA, eine Bewaffnung Teherans mit Nuklearwaffen unbedingt zu verhindern. "Ich werde keine Optionen vom Tisch nehmen, um dieses Ziel zu erreichen", sagte er. Allerdings sei eine friedliche Lösung noch immer möglich, "wenn der Iran den Kurs ändert und seinen Verpflichtungen nachkommt".
Klare Botschaft an Peking
Mit der Schaffung einer neuen Überwachungseinheit will der Präsident sicherstellen, dass sich vor allem China künftig an faire Handelspraktiken hält. Die Handelspolizei solle etwa unzulässige Exporthilfen untersuchen und gegen Raubkopierer vorgehen. "Ich werde nicht tatenlos zusehen, wenn unsere Wettbewerber sich nicht an die Regeln halten" sagte Obama.
Der Präsident erinnerte daran, dass er mit dem Abzug der US-Truppen aus dem Irak ein Wahlkampfversprechen von 2008 eingehalten habe. Außerdem feierte er die Tötung von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden durch ein US-Spezialkommando im Mai 2011 in Pakistan als großen Erfolg im Kampf gegen den Terrorismus.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa/AFP/rts