Drohung mit Totalabzug aus Afghanistan Obama gibt Kabul mehr Zeit
25.02.2014, 22:33 Uhr
Kurz vor einem wichtigen Nato-Treffen zeigen sich die USA in ihrer Afghanistan-Politik flexibel. Ein Totalabzug steht zwar weiter im Raum. Doch erstmals wird mehr Spielraum für Karsais Nachfolger eingeräumt.
US-Präsident Barack Obama hat seine Drohung eines Totalabzugs der Truppen aus Afghanistan nach 2014 etwas entschärft. Zwar habe er in einem Telefonat mit Präsident Hamid Karsai diese Option hervorgehoben, sollte ein Sicherheitsabkommen mit Kabul scheitern. Zugleich habe er aber gesagt, der Vertrag könne auch "später in diesem Jahr" unterzeichnet werden, teilte das Weiße Haus mit.
Karsai will das Abkommen, das ausländische Soldaten ab 2015 vor afghanischer Strafverfolgung schützen soll, erst von seinem Nachfolger nach der Präsidentenwahl am 5. April unterzeichnen lassen. Die USA hatten bislang darauf bestanden, dass Karsai das Abkommen noch vor der Wahl in Kraft setzen lässt.
Das Außenministerium in Washington bestätigte, dass den Afghanen nun mehr Zeit gegeben werde. "Wir wollen, dass das Sicherheitsabkommen unterschrieben wird", begründete Außenamtssprecherin Jennifer Psaki. "Wir machen deutlich, dass wir die Tür für Karsais Nachfolger offengelassen haben, es zu unterzeichnen." Das solle zeigen, wie wichtig den USA das Abkommen und die Beziehung zu Afghanistan sei.
Einen Totalabzug ließ Obama als Oberkommandeur der US-Streitkräfte aber weiterhin offen. Er habe das Pentagon mit den Planungen für einen vollständigen Abzug beauftragt, sagte er in dem Gespräch mit Karsai, dem ersten seit acht Monaten. Ohne ein Abkommen bis Ende des Jahres werde es keine US-Soldaten auf afghanischem Boden mehr geben, sagte US-Regierungssprecher Jay Carney.
Noch fast 3000 deutsche Soldaten am Hindukusch
Karsai sei erstmals persönlich mitgeteilt worden, dass das US-Militär weitergehende Planungen für einen Totalabzug anstelle, sagte Psaki. "Das ist es etwas, worüber wir vorher nicht gesprochen haben."
Derzeit läuft der Abzug der noch 58.000 Soldaten der Nato-geführten Afghanistan-Schutztruppe Isaf. Die Ausbildungsmission im Anschluss soll zwischen 8000 und 12.000 Mann umfassen. Die Bundeswehr will sich dann mit bis zu 800 Soldaten an der Ausbildung der afghanischen Streitkräfte beteiligen. Derzeit sind noch rund 2900 Soldaten der Bundeswehr am Hindukusch.
Die Ankündigung der USA kommt einen Tag vor einem zweitägigen Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel. Auch die Nato hatte bisher mit dem völligen Abzug aller Soldaten aus Afghanistan bis Ende 2014 gedroht. Diplomaten sagten am Dienstag jedoch, man habe bis zum Oktober dieses Jahres mit der endgültigen Entscheidung Zeit.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa