Ägyptens Opposition will nicht reden Obama maßregelt Mursi
07.12.2012, 09:01 Uhr
Fordert Mursi zum Dialog auf: US-Präsident Obama.
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Ägyptens Präsident Mohammed Mursi ist noch kein halbes Jahr im Amt und schon sterben vor seinem Regierungspalast die ersten Demonstranten. In der Opposition wächst die Wut. US-Präsident Obama ruft Mursi in einem Telefongespräch zur Räson.

Die Oppositionellen wollen Mursi Gesprächsangebot nicht annehmen, weil er ihre Forderungen nicht erfüllt.
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Er wirkt so uneinsichtig wie sein Vorgänger: Die b rutalen Straßenkämpfe zwischen Islamisten und Oppositionellen haben Ägyptens Präsident Mohammed Mursi nicht zum Einlenken bewegt. In seiner ersten Ansprache seit Beginn der blutigen Ausschreitungen in Kairo ging der Nachfolger des im Vorjahr aus dem Amt gejagten Staatschefs Husni Mubarak mit keiner Silbe auf die Forderungen der Opposition ein. Die Schuld an der Gewalt gab er seinen politischen Gegnern. Verärgerte Demonstranten setzten daraufhin Büroräume der Muslimbruderschaft in Kairo in Brand.
US-Präsident Barack Obama forderte Mursi in einem Telefongespräch auf, einen Dialog mit der Opposition ohne Vorbedingungen zu suchen. Wie das Weiße Haus weiter mitteilte, betonte Obama in dem Gespräch, dass alle politischen Führer in Ägypten ihren Gefolgsleuten klarmachen sollten, "dass Gewalt nicht hinnehmbar ist". Zuvor waren nach Informationen des Senders Al-Dschasira bei den Straßenkämpfen in Kairo und Suez sieben Menschen getötet und insgesamt 771 verletzt worden. Die Polizei nahm 150 Verdächtige fest.
Mursi, der im Juni als Kandidat der islamistischen Muslimbrüder zum Präsidenten gewählt worden war, bot den Oppositionellen Gespräche am kommenden Samstag an. Die lehnten das Treffen allerdings als einen "PR-Gag" ab. Stattdessen gibt es auf dem Tahir-Platz erste Vorbereitungen für eine Kundgebung gegen den Präsidenten. Mohammed ElBaradei, der die Oppositionsbewegung derzeit anführt erklärte, Mursi habe "die Tür zugeschlagen". Ein Dialog mit dem Präsidenten sei nicht möglich, da dieser nicht zu Kompromissen bereit sei.
Vergleiche mit Mubarak
Der vor allem bei der städtischen Jugend und den Sozialisten beliebte linke Aktivist Hamdien Sabahi wies das Dialogangebot von Mursi als "unseriös" zurück. Eine Sprecherin der Opposition sah in der Rede Mursis "keine passende Antwort auf die politische Krise". "Ähnliche Reden haben wir schon vom Mubarak-Regime und vom Obersten Militärrat gehört", sagte Mona Esat von der Sozialistischen Bündnispartei. Auch der Schriftsteller Alaa al-Aswani sagte im Gespräch mit einem ägyptischen Fernsehsender, Mursis Ansprache habe ihn stark an die Reden des gestürzten Langzeit-Machthabers Mubarak erinnert.
Die liberalen und linken Parteien verlangen eine Überarbeitung des von den Islamisten formulierten Entwurfs für eine neue Verfassung. Außerdem bestehen sie auf einer Verschiebung der Volksabstimmung über die Verfassung, die für den 15. Dezember geplant ist. Mursi lehnt das ab. Sollte die Mehrheit der Bürger gegen den Entwurf stimmen, sei er aber bereit, eine neue Verfassungsgebende Versammlung einzuberufen, sagte er in der Ansprache vom Donnerstagabend. Für den Entwurf wird aber eine Mehrheit erwartet, da er von der Muslimbruderschaft und anderen islamistischen Fraktionen getragen wird. Mursi erklärte dazu, Demokratie bedeute, dass "sich die Minderheit dem Willen der Mehrheit beugt".
Heftigste Krawalle in der Ära Mursi
Die Krawalle hatten am Mittwoch begonnen, als Muslimbrüder Zelte zerstörten, die Aktivisten aus Protest gegen die Machtpolitik der Islamisten vor dem Präsidentenpalast aufgebaut hatten. Die Zusammenstöße zwischen den Oppositionellen und Anhängern der regierenden Islamisten-Parteien waren die heftigsten Ausschreitungen seit Mursis Amtsantritt.
Entzündet hatte sich der Streit an einem Dekret Mursis, mit dem dieser seine Machtbefugnisse für die Zeit bis zum Inkrafttreten einer neuen Verfassung auf Kosten der Justiz ausgeweitet hatte. Auch daran hielt Mursi in seiner Rede fest. Lediglich zum Verzicht auf Artikel VI der Erklärung sei er bereit. Dieser hätte es ihm erlaubt, ohne Rücksprache "alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Revolution, die Einheit und die nationale Sicherheit zu wahren".
Quelle: ntv.de, dpa