Trotz Aufstiegs der Schwellenländer Obama setzt auf den Westen
25.05.2011, 22:48 UhrEs ist ein spezielles Zeichen der Freundschaft, dass US-Präsident Obama vor beiden Kammern des britischen Parlaments sprechen darf. Er revanchiert sich, indem er das Bündnis zwischen USA und Europa bekräftigt, trotz des Aufstiegs der Schwellenländer. Zudem verspricht er den Ländern im Nahen Osten und in Nordafrika den Beistand des Westens.
US-Präsident Barack Obama hat die globale Führungsrolle des Westens verteidigt. Der Aufstieg von Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien sei nicht notwendigerweise mit dem "Niedergang" der alten Weltmächte USA und Europa verbunden, sagte Obama vor beiden Kammern des britischen Parlaments. Der US-Präsident bekräftigte die enge Verbundenheit Washingtons mit seinen traditionellen europäischen Partnern.
Die Rede war in Großbritannien mit Spannung erwartet worden. Vor Obama durften seit dem Zweiten Weltkrieg nur Papst Benedikt XVI., Südafrikas Freiheitsheld Nelson Mandela und der frühere französische Staatschef Charles de Gaulle vor beiden Kammern des Parlaments sprechen. Kommentatoren hatten zuvor spekuliert, Obama könnte deutlich machen, dass er die Zukunft der USA an der Seite der aufstrebenden Großmächte sehe.
"Friedlicheres, wohlhabenderes Jahrhundert"
Es sei in Mode gekommen, in den rasch an Einfluss gewinnenden Schwellenländern die Weltmächte der Zukunft zu sehen, während sich "unsere Führungsrolle überlebt" habe, sagte Obama. Dem sei nicht so. "Es waren die USA, Großbritannien und ihre demokratischen Verbündeten, die eine Welt geschaffen haben, in der sich neue Nationen entwickeln und Individuen gedeihen konnten." Dieses Bündnis werde in Zukunft unerlässlich bleiben, um das Ziel eines "friedlicheren, wohlhabenderen und gerechteren Jahrhunderts" zu erreichen, auch wenn dabei mehr Staaten als bisher Führungsverantwortung übernähmen.
Das bedeute aber nicht, dass sich die alten Verbündeten auf dem Erreichten ausruhen könnten, mahnte der US-Präsident. Um seine Vormachtstellung zu halten, müsse sich der Westen den neuen Herausforderungen wie etwa durch Terrorismus und Klimawandel stellen und seine Wettbewerbsfähigkeit stärken: "Wir müssen unsere Investitionen in Wissenschaft und Ingenieurwesen verdoppeln und unseren Einsatz für gutausgebildete Arbeitskräfte stärken", sagte Obama.
Länder im Nahen Osten auf Beistand angewiesen
Als Beispiel für die künftige Ausgestaltung der westlichen Führungsrolle nannte Obama die Volksaufstände in Nordafrika und dem Nahen Osten. Damit der friedliche Übergang zur Demokratie gelingen könne, seien die Länder auf Beistand angewiesen. "Allen sollte klar sein: Was wir in Teheran, Tunis und auf dem Tahrir Platz (in Kairo) erleben, ist eine Sehnsucht nach denselben Freiheiten, die wir bei uns zu Hause für selbstverständlich halten". Allerdings müssten sich die Betroffenen diese Freiheiten selbst erkämpfen, sie könnten nicht von außen aufgezwungen werden.
Damit wiederholte Obama einige der Thesen seiner Nahost-Rede von vergangener Woche. Die arabische Revolte, vor allem der Kampf in Libyen gegen Machthaber Muammar al-Gaddafi, sowie die Situation im Nahen Osten stand auch zuvor im Mittelpunkt von Obamas Gesprächen mit dem britischen Premierminister David Cameron. Dabei wollen beide Staaten den Druck auf Despoten wie Gaddafi erhöhen.
Obama und Cameron machten unmissverständlich klar, dass ein künftiges Libyen mit Gaddafi an der Spitze nicht vorstellbar sei. "Er muss gehen", sagte Cameron. Beide Länder seien sich einig, dass in Libyen mehr Dampf gemacht werden müsse. Beide Politiker untermauerten zudem ihren Willen, arabischen und nordafrikanischen Staaten bei einem friedlichen Übergang hin zu mehr Demokratie helfen zu wollen. Nach Einschätzung von Obama werde das jedoch noch Jahre andauern.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa