Kampf an allen Fronten Obama unter Druck
22.09.2009, 16:09 UhrUS-Präsident Barack Obama wünscht sich beim G20-Gipfel in Pittsburgh vor allem eins - endlich mal wieder einen Erfolg. Schöne Bilder, auf denen er mit den anderen Großen der Welt plaudert, ein klangvolles Abschlussdokument, in dem das Ende der globalen Wirtschaftskrise beschworen wird.

Barack Obama und sein chinesischer Amtskollege Hu Jintao beim G20-Gipfel in London im April. China und Russland denken laut darüber nach, den Dollar als Leitwährung in Frage zu stellen.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Das wäre schon etwas für den derzeit wegen des Streits um die Gesundheitsreform arg bedrängten Obama. Während sich etwa die EU mit kampfeslustigen Forderungen in Stellung bringt, herrscht in Washington noch weitgehend Schweigen über die konkrete Strategie in Pittsburgh. Zögern und Zaudern in Washington?
Zwar forderte Obama unlängst "aggressive Reformen" des Finanz- Kontrollsystems, damit Bankenzusammenbrüche wie vor einem Jahr nicht abermals die Welt erschüttern. Vollmundig setzt er hinzu: "Und wir werden daran arbeiten, sicherzustellen, dass der Rest der Welt das gleiche tut." Das klingt nach Anspruch einer Führungsrolle, in der sich Amerikaner in Sachen Wirtschaft und Finanzen gerne sehen. Doch die Europäer sind skeptisch.
Fehlender Rückhalt in der Heimat
Denn Obama hat ein Problem: Vor allem in Sachen Banken- und Finanzkontrolle, eines der großen Themen in Pittsburgh, bröckelt die Zustimmung in den USA. In der Finanzwelt wächst der Widerstand gegen umfassende Aufsicht, vor allem gegen eine internationale Kontrolle oder etwa gegen eine Obergrenze der Banker-Boni. "Das Gedächtnis der Wall Street ist kurz", klagt etwa Robert Glauber, ehemaliger Chef der Organisation zur Selbstregulierung des Finanzplatzes.
Ähnlich sieht das Charles Dallara vom International Institute of Finance (IIF), dem Weltverband der Finanzbranche. Jetzt, da die Kurse wieder steigen, die Banken wieder Boni zahlen, schwindet der Reform- Elan merklich. Mehr noch: Dallara warnt vor "kumulativen Effekten" einer Finanzreform, die Banken einschränken könne. Von einem "Ersticken der Innovation" ist die Rede.
Obama droht in eine Zwickmühle zu geraten: Während Europäer in Pittsburgh auf eine Restrukturierung des gesamten Bankensektors dringen, mobilisiert zu Hause die Finanzbranche ihren Widerstand. Immerhin, bereits vor ein paar Wochen hatten sich die G20 in London nicht auf eine Höchstgrenze der Boni einigen können. Auch Dallara vom Welt-Bankenverband ist gegen Obergrenzen, wohl aber für internationale "Richtlinien". Deutet er damit schon eine Möglichkeit zum Kompromiss an?
Schuldenstaat USA
Ein weiteres Thema, das die USA in Pittsburgh unter Druck setzen könnte, sind die Staatsschulden. Wieder stellt Europa Forderungen. Die G20-Länder müssten schon jetzt "Ausstiegspläne" schmieden, um beim bevorstehenden Wirtschaftsaufschwung ihre Schulden abzutragen.
Es ist nur natürlich, dass sich "Rekordschuldner" USA hier besonders angesprochen fühlen muss. Im US-Haushalt klafft dieses Jahr ein Loch von 1,58 Billionen Dollar - das sind über elf Prozent des jährlichen Wirtschaftsprodukts. Zwar mahnt auch Obama das große Sparen an, aber schon jetzt steht fest: Die USA werden in den nächsten zehn Jahren die schwindelerregende Summe von neun Billionen Dollar anhäufen. Schon denken China und Russland laut darüber nach, den Dollar als Leitwährung in Frage zu stellen - für die USA wäre dies eine finanzpolitische Katastrophe.
Bereits beim G20-Gipfel im April in London war es Obama nicht gelungen, sich als wirklich starker Führer zu präsentieren. Zwar forderte er Wochen vor dem Treffen energisch weiter Milliarden für Konjunkturprogramme. Doch vor allem Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy waren skeptisch, am Ende gab es nur mehr Geld für den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Weltbank - Obama hatte schon kurz vor dem Gipfel seine Forderung aufgegeben.
Quelle: ntv.de, Peer Meinert, dpa