Politik

Verhältnis des Westens zu Russland ist eisig Obama will nicht zum G8-Gipfel reisen

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Der Westen droht Moskau mit Sanktionen, ein Krisengipfel jagt den nächsten. OSZE- Beobachter sollen nun auf die Krim geschickt werden. US-Präsident Obama demonstriert gegenüber Russland Härte. Präsident Putin steht ihm in nichts nach.

Die Krise um die ukrainische Halbinsel Krim sorgt für weitere internationale Verstimmungen. US-Präsident Barack Obama wird nach Angaben eines Regierungsvertreters nicht am für Juni anberaumten Treffen der acht wichtigsten Industrienationen (G8) im russischen Sotschi teilnehmen. Eine Teilnahme sei nur denkbar, sollte Russland in der Ukraine-Krise zurückrudern. 

Russland will sich die Halbinsel Krim nach den Worten von Präsident Wladimir Putin nicht aneignen und auch keinen Krieg gegen das Nachbarland Ukraine führen. Zudem sei er offen für Gespräche mit dem Westen, versicherte Putin nach tagelanger Zuspitzung des Konflikts. Dennoch demonstrierte die Atommacht Russland wenige Stunden später ihre militärische Stärke und zündete im Norden des Landes eine mit Nuklearsprengköpfen bestückbare Interkontinentalrakete. Diese schlug nach ihrem Testflug planmäßig Tausende Kilometer entfernt in Kasachstan ein.

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Putins Äußerungen wurden vom Westen äußerst zurückhaltend aufgenommen. Mehrere Staaten empörten sich weiter über den umstrittenen russischen Militäreinsatz auf der zur Ukraine gehörenden Halbinsel Krim. Moskau müsse seine Truppen zurück in die Kasernen rufen, forderte US-Außenminister John Kerry in Kiew. Sonst würden die USA und ihre Partner Russland "politisch, diplomatisch und wirtschaftlich isolieren".

OSZE schickt Beobachter

Wladimir Putin weiß, dass die Ukraine-Krise nur mit Russland gelöst werden kann.

Wladimir Putin weiß, dass die Ukraine-Krise nur mit Russland gelöst werden kann.

(Foto: REUTERS)

Nach Ansicht von Obama hat sich Russland durch sein Vorgehen im Kreis seiner Nachbarländer bereits isoliert. Moskaus Handeln sei kein Zeichen von Stärke, sondern schüre in der Region Sorgen und Misstrauen, sagte Obama. Die USA beschuldigen den Kreml, in den vergangenen Tagen mit Tausenden Soldaten, die aus Kalkül keine Abzeichen tragen, die überwiegend von Russen bewohnte Halbinsel besetzt zu haben. Putin bestritt dies und sprach von "Selbstverteidigungskräften", die auf der Krim für Sicherheit sorgten.

Obama beriet mit Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut über die Entwicklung in der Krim-Krise. Laut Regierungssprecher Steffen Seibert vereinbarten beide Politiker in ihrem Telefonat, ihre Politik in diesem Punkt "weiterhin eng miteinander abzustimmen". In der Einschätzung der Lage und der Konsequenzen, die daraus zu ziehen seien, habe in dem Gespräch "ein hohes Maß an Einvernehmen" bestanden. Der französische Präsident François Hollande sagte, Russland sei das "Risiko einer gefährlichen Eskalation" eingegangen.

Klarheit soll nun eine militärische Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bringen, die schon heute auf die Krim reisen soll. Das beschlossen 20 Länder der Organisation in Wien. Die OSZE kommt auf Einladung der Ukraine. Laut "Frankfurter Allgemeiner Zeitung" kommen zwei Militärbeobachter aus Deutschland. Ob die unbewaffneten Beobachter tatsächlich Zugang zur Krim bekommen, war zunächst unklar.

Angesichts der Spannungen auf der Krim erwägt die Gruppe der sieben führenden Industrieländer (G7) ein Treffen in naher Zukunft. Er habe das Thema bei einem Telefonat mit Obama zur Sprache gebracht und es gebe Diskussionen über ein Treffen in den kommenden Wochen, erklärte Kanadas Ministerpräsident Stephen Harper. Ein solches Treffen würde demonstrativ unter Ausschluss Russlands stattfinden. Neben den USA und Kanada gehören Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Japan und Italien zur G7.

Sanktionen gegen Russland sind nicht vom Tisch

Auf der Krim blieb die Lage derweil angespannt, aber ruhig. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen äußerte sich dennoch alarmiert. "Trotz wiederholter Aufforderungen der internationalen Gemeinschaft verletzt Russland weiterhin die Souveränität und die territoriale Unversehrtheit und missachtet die eigenen internationalen Verpflichtungen", sagte er nach Beratungen des Nato-Rates in Brüssel. Heute soll dort der Nato-Russland-Rat tagen.

Die US-Regierung fror alle Kontakte zum russischen Militär ein. Auch gemeinsame Übungen, bilaterale Treffen, Hafenvisiten und Planungskonferenzen seien ausgesetzt worden, teilte das Pentagon mit.

Auch die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Staaten könnten schon am Donnerstag Sanktionen beschließen. Infrage kommt etwa, Gespräche mit Moskau über Visa-Erleichterungen auszusetzen oder gar Einreiseverbote zu verhängen sowie Bankkonten einzufrieren.

Zeitgleich mit der Ankunft von Außenminister Kerry in der Ukraine sicherten die USA der nahezu bankrotten ehemaligen Sowjetrepublik eine Milliarde US-Dollar Hilfe für die Energieversorgung zu. Die Ukraine ist von Gaslieferungen aus Russland abhängig. Offenbar ist auch die EU bereit, die Finanzhilfen für die Ukraine aufzustocken. Darüber berät heute die EU-Kommission.

Putin hält sich militärische Option offen

Die ukrainische Führung hat angesichts der Finanznot nach den Worten von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk offiziell Kontakt zur russischen Regierung aufgenommen. Ein Thema seien die Schulden der Ukraine von rund zwei Milliarden US-Dollar für Gaslieferungen.

Putin zeigte sich offen für Gespräche mit dem Westen, insbesondere für den deutschen Vorschlag einer internationalen Kontaktgruppe. Er drohte allerdings einen Militäreinsatz in der Ostukraine für den Fall an, dass es dort zu Übergriffen auf russische Bürger komme. Im Moment aber sehe er dafür keine Notwendigkeit. "Russland hat keine Absicht, Krieg gegen das ukrainische Volk zu führen."

Über den künftigen Status der Schwarzmeer-Halbinsel sollten die Bewohner selbst entscheiden, sagte Putin. Derzeit sei kein Anschluss vorgesehen. Auf der Krim ist am 30. März ein Referendum geplant. Die prorussische Führung strebt einen Status als Staat an.

Putin ließ zugleich eine vor Tagen begonnene Militärübung auf russischem Territorium planmäßig beenden. Westliche Politiker hatten die Übung mit etwa 150.000 Soldaten sowie Flugzeugen, Panzern und Schiffen inmitten des eskalierten Ukraine-Konflikts als Drohgeste gewertet.

Die Aufnahme des entmachteten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch in Russland bezeichnete Putin als humanitären Akt. "Ich denke, er hat keine politische Zukunft mehr", betonte Putin. Ungeachtet dessen betrachte Russland Janukowitschs Entmachtung als nicht legitim.

n-tv Korrespondent Dirk Emmerich ist in Simferopol und twittert von dort über die aktuelle Entwicklung auf der Krim-Halbinsel.

Quelle: ntv.de, wne/dpa/rts/AFP

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