Zensur sperrt Berichte über Steuerflucht Offshore-Leaks machen Chinas Kader nervös
22.01.2014, 13:49 Uhr
Xi Jinpings Familie zahlt offenber nicht so gerne Steuern.
(Foto: picture alliance / dpa)
Chinas Führung reagiert alarmiert auf die Verbindungen etlicher Kader zu Steueroasen in der Karibik, Berichte darüber unterliegen der Zensur. Für Peking sind die Enthüllungen ein Problem.
Die Offshore-Leaks haben jetzt also auch chinesische Geheimnisse an die Oberfläche gespült. Für die allein regierende Kommunistische Partei ist das der größte anzunehmende Unfall. Die Dokumente, die von einem internationalen Medienpool, darunter die "Süddeutsche Zeitung" und der Norddeutsche Rundfunk ausgewertet wurden, sind ein Schlag ins Gesicht für die autokratische Elite, die mit Händen und Füßen um die Legitimation ihrer Alleinherrschaft kämpft. Von 21.000 Kunden aus China ist die Rede, deren Namen mit Briefkastenfirmen in internationalen Steueroasen in Verbindung gebracht werden können. Vier Billionen Dollar sollen sie aus der Volksrepublik geschafft haben. Schlimmer noch für die Partei: Familienmitglieder von zahlreichen Spitzenkadern wie Staatschef Xi Jinping oder Ex-Premier Wen Jiabao sind unter den Kompromittierten.
Die große Frage, die sich die Partei stellen muss, lautet: Wie sollen wir das unseren 1,3 Milliarden Bürgern erklären? Die werden zwar bevormundet, aber dumm sind sie nicht. Die Menschen vermuten sehr wohl, dass Kader und hohe Beamte sich auf Kosten des Staates persönlich bereichern. Doch solange es keine stichfesten Beweise dafür gibt, flüchtet man sich in Galgenhumor. Die konkreten Hinweise darauf, dass der Fisch tatsächlich vom Kopf her stinkt, bringt die Führung in Erklärungsnot und schürt die Wut in der Bevölkerung.
Zensur stößt an Grenzen
Angeführt von Staats- und Parteichef Xi will die Partei in eigenen Reihen und im gesamten Land angeblich aufräumen mit Korruption und Vetternwirtschaft. Aber wer soll Xi noch ernsthaft glauben, dass er integer handelt, wenn seine Familie jetzt abermals im Zentrum einer delikaten Enthüllung steht? Schon 2012 gab es Medienberichte über den Reichtum seines Clans. Das gleiche gilt für Ex-Regierungschef Wen, der in seiner Amtszeit gerne den Saubermann spielte.
Schritt eins der Krisenbewältigung: Zensur. Chinesische Medien dürfen keine Silbe über die Enthüllungen verbreiten. Bei Zuwiderhandlung droht mindestens die Entlassung eines Chefredakteurs mit dem Ende aller beruflichen Perspektiven. Und: Die Zugänge der Internetangebote von "Süddeutsche" und NDR, aber auch des britischen "Guardian", der ebenfalls Teil des Recherchepools ist, wurden umgehend blockiert.
Erst das Geld, dann die Leute
Auch soziale Medien unterliegen strenger Aufsicht. Wer das Thema Offshore-Leaks dort aufbringt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. So wird es der Partei wohl gelingen, die breite Masse in Unkenntnis zu wiegen. Die Bildungselite aber, die Englisch oder Deutsch spricht und regelmäßig ins Ausland reist, wird früher oder später von den Steueroasen Wind bekommen. Die Reputation der Regierung wird darunter leiden. Schritt zwei der Krisenbewältigung muss wohl erst noch entwickelt werden.
Zumal kein anderes Land laut Offshore-Leaks so viel Kunden in den Steuerparadiesen vorweist wie China. Das liegt einerseits sicher daran, dass das Land ein Fünftel der Weltbevölkerung stellt und deshalb so stark vertreten ist. Doch es ist fraglich, ob dieses Argument als Erklärung gegenüber dem eigenen Volk taugt. Das Signal, das die Elite setzt, könnte katastrophaler kaum sein für Pläne der Neubildung der Nation: Erst das Geld raus, dann die Familie hinterher. Dieser Trend ist in den vergangenen Jahren verstärkt zu beobachten. Wohlhabende Chinesen, aber auch Beamte, die Geld veruntreuen, versuchen, große Summen ins Ausland zu schaffen, um anschließend mit ihren engsten Angehörigen in andere Teile der Welt auszuwandern. Australien, Kanada oder Singapur gelten als beliebte Destinationen für das neue Leben. Der wahre chinesische Traum, den Staatschef Xi Jinping propagiert, so wird schon gescherzt, sei es, seinen Reichtum zu sichern und die Staatsbürgerschaft zu wechseln.
Quelle: ntv.de