Politik

Online-Durchsuchungen Ohne Richter geht es nicht

Nach Einschätzung des Richterbundes werden die Strafgerichte die vom Bundesverfassungsgericht geforderten strengen Kontrollen von Online-Durchsuchungen nicht leisten können. "Die Ermittlungsrichter sind schon heute teilweise bis an die Schmerzgrenze belastet", sagte der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Christoph Frank, der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

"Es wäre illusorisch zu glauben, dass sie künftig auch noch die riesigen Datenmengen sichten könnten, die bei Online-Durchsuchungen in Deutschland anfallen würden", so Frank weiter. Das Bundesverfassungsgericht hatte das Ausspähen von privaten Computern am Mittwoch unter strengen Auflagen zugelassen.

Karlsruhe verlangt, dass die heimliche Ausspähung privater Computer mit strengen Verfahrensvorschriften flankiert wird. Ein Richter muss die Online-Razzia genehmigen, zudem wird ein Ermittlungsrichter, Staatsanwalt oder anderer Beamter die kopierten Dateien im Nachhinein auswerten müssen, um miterfasste höchstpersönliche Daten herauszufiltern. "Wenn die Justiz das zusätzlich leisten soll, muss die Politik sie dazu auch in die Lage versetzen", verlangte Frank. Derzeit würden in Deutschland aber 4000 Richter und Staatsanwälte fehlen. "Die Länder und der Bund müssten daher schon kräftig in die Gerichte investieren", sagte Frank.

Ähnlich äußerte sich in derselben Zeitung der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg: "Wenn Gerichte bei Online-Durchsuchungen zur Kontrolle dazwischengeschaltet werden sollen, dann müssen dafür ausreichend Richter bereitgestellt werden." Gerade bei Ermittlungen gegen Terrorverdächtige sei Eile geboten, die Auswertung kopierter Daten müsse also zügig erfolgen.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast begrüßte das Urteil als unmissverständliches Signal. "Der Kern der Privatsphäre muss auch im digitalen Zeitalter geschützt bleiben", sagte sie der "Frankfurter Rundschau". Der Versuch der großen Koalition, Online-Durchsuchungen jetzt per BKA-Gesetz zu legitimieren, verstoße "eklatant gegen den Geist des Verfassungsgerichts-Urteils".

Die Koalition will die Online-Durchsuchungen nun rasch regeln. "Wir sind uns einig, dass wir auf dieser Grundlage sehr zügig einen Regierungsentwurf erstellen werden", sagte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Er will das Gesetz noch vor der Sommerpause durch den Bundestag bringen. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) forderte eine Beachtung der Karlsruher Vorgaben.

Quelle: ntv.de

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