Politik

Betreuungsgeld vor dem Aus Opposition reibt sich die Hände

Mitte Oktober wird aus dem Betreuungsgeld jedenfalls nichts.

Mitte Oktober wird aus dem Betreuungsgeld jedenfalls nichts.

(Foto: dpa)

Der Zoff in der Regierung über das Betreuungsgeld wird zu einer Steilvorlage für die Oppositionsparteien. Die hacken fröhlich auf die Koalition ein. Manch einer hält bereits die Zeit von Schwarz-Gelb für abgelaufen, zumindest jedoch die umstrittene Maßnahme für gestorben. Ob aus dem Betreuungsgeld noch was wird, weiß in der Unionsfraktion derzeit keiner so genau.

Schwarz-Gelb kommt beim Betreuungsgeld nicht zu Potte – und die Opposition weidet sich genüsslich an dem Debakel: "Der Koalitionszank um das Betreuungsgeld ist eine Geschichte aus dem Tollhaus", erklärte SPD-Vize Manuela Schwesig. Die FDP verweigere die Zustimmung zum Betreuungsgeld, nur um sich an der Union für die Bundesratsabstimmung im zugunsten der Frauenquote vom vergangenen Freitag zu rächen. Es geht den "Streithähnen" von Schwarz-Gelb "nur noch um Machtgehabe und darum, welcher Koalitionspartner am Ende als Verlierer dasteht."

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles forderte die Regierung dazu auf, jetzt komplett auf die umstrittene Maßnahme zu verzichten. Sie will das dafür vorgesehene Geld lieber in den Kita-Ausbau stecken, sagte sie in einem Interview. "Das sind immerhin 1,2 Milliarden Euro, die da gut gebraucht werden."

"Das Betreuungsgeld wird mal wieder auf die lange Bank geschoben, weil die FDP den Aufstand probt", erklärte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin. Die FDP wolle mit dem Betreuungsgeld offensichtlich eine "Geisel" nehmen, um die Frauenquote zu verhindern. Die Koalition sei nicht mehr handlungsfähig. "Unübersehbar ist der Herbst dieser Koalition angebrochen." Die Situation schreie danach, "dieses Trauerspiel möglichst zügig zu beenden". Ein Jahr vor der Bundestagswahl sei "die Merkel-Dämmerung unübersehbar", sagte er.

Seehofer sieht schwarz

Linksfraktionschef Gregor Gysi wirft der schwarz-gelben Koalition wegen des Streits um das Betreuungsgeld Versagen vor. "Jetzt erleben wir den 77. Akt der unendlichen Geschichte über das sinnloseste Vorhaben der schwarz-gelben Koalition", sagte Gysi. Es gebe eine breite gesellschaftliche Mehrheit gegen das Betreuungsgeld. Zudem verkomme die Debatte zu einem Basarhandel. "Diese Regierung bringt wirklich nichts Vernünftiges zustande", sagte er, "die sind schon mitten im Wahlkampf."

Union und FDP hatten wegen Meinungsverschiedenheiten die geplante Abstimmung im Bundestag über das Betreuungsgeld verschoben. Sie sollte eigentlich am 18. Oktober stattfinden. Aus der FDP kommt der Ruf nach Gegenleistungen für eine Zustimmung zu dem umstrittenen Geld für Eltern, die ihre Kinder nicht in eine Kita geben. Die CSU, die das Projekt vor allem vorantreibt, sieht das Regierungsbündnis in einer schwierigen Zeit.

Nach den Worten von CSU-Chef Horst Seehofer sind die Chancen für eine Einigung ungewiss. "Ich kann Ihnen nicht sagen, wie das ausgeht", sagte er. "Was jetzt gefragt ist, ist ein hohes Maß an Geduld und starken Nerven." Einen neuen Termin für Verhandlungen mit der FDP gebe es noch nicht. Er äußerte sich damit skeptischer als die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt. Sie sagte: "Ich gehe davon aus, dass wir dieses Thema in wenigen Wochen einer Lösung zugeführt haben." Zugleich hielt sie fest: "Wir haben keinen Zeitdruck."

Grosse-Brömer ist ratlos

Seehofer bekräftigte, dass das Betreuungsgeld für die CSU von essenzieller Bedeutung sei. Ob eine Nichteinigung - wie früher von ihm angekündigt - zum Bruch der schwarz-gelben Koalition führen könnte, ließ er offen. "Es wäre jetzt sehr kleinkariert, zum jetzigen Zeitpunkt solche Schlussfolgerungen zu ziehen."

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Michael Grosse-Brömer, betonte, das Betreuungsgeld werde nicht gekippt. Es werde eine zweite und dritte Lesung im Parlament geben. "Ich weiß nur noch nicht, wann. Wir wissen noch nicht einmal, wer mit wem sprechen soll - im Zweifel auch die Haushaltspolitiker", sagte Grosse- Brömer. Beim Koalitionsfrühstück sei nicht darüber gesprochen worden. Das Betreuungsgeld soll zunächst 100 Euro und später 150 Euro für zu Hause versorgte Zwei- und Dreijährige betragen.

Ursprünglich sollte bereits Ende September darüber abgestimmt werden. Dies scheiterte aber an einem Konflikt innerhalb der Union. Die allererste Lesung zum Gesetzentwurf von Familienministerin Kristina Schröder war schon vor der Sommerpause gescheitert, weil nicht genügend Parlamentarier der Koalition anwesend waren, was die Opposition durch einen Trick aufgedeckt hatte - indem sie bei einem anderen Thema die Beschlussfähigkeit des Parlaments feststellen ließ.

Rösler findet nichts am Streit auszusetzen

CDU und CSU einigten sich dann am vergangenen Freitag auf ein Kompromiss-Modell. Er enthielt unter anderem verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen für Kinder und einen Anreiz zur Einzahlung des Geldes in eine private Altersvorsorge. Dies lehnte die FDP-Spitze aber am Montag ab. Grosse-Brömer ging auf mögliche Gegengeschäfte mit der FDP nicht ein. Er sagte: "Auch die FDP muss dann mal sagen, was sie sich konkret vorstellt." Das werde dann miteinander abgewogen.

In der FDP wurden Forderungen nach Gegenleistungen laut. "Wir sind vertragstreu als FDP, aber das darf eben keine Einbahnstraße sein", sagte Partei-Vize Holger Zastrow im Deutschlandfunk. Die FDP sei weiterhin kein Freund des Betreuungsgeldes. Deswegen gehörten nun "mehrere Dinge auf den Tisch, über die man sprechen muss". Dabei könne es um eine Abschaffung der Praxisgebühr oder eine Senkung des Solidaritätszuschlags gehen. Aus der FDP-Führung hieß es am Dienstag indes, es gehe nicht um Gegenleistungen der Union, sondern um die Ausgestaltung des Betreuungsgeldes. "Uns ist wichtig, dass es keine weiteren Belastungen für den Bundeshaushalt geben darf."

FDP-Chef Philipp Rösler geht nicht davon aus, dass die Koalition am Streit um das Betreuungsgeld zerbricht. "Es ist normal, dass man unterschiedlicher Auffassung ist", nun müssten Gespräche geführt werden, sagte er der "Passauer Neuen Presse". Auch Grosse-Brömer sagte: "Ich glaube nicht, dass die Koalition daran scheitern wird." Hasselfeldt machte deutlich, dass die FDP über die unionsinterne Abstimmung im Bilde gewesen sei. "Das war kein Alleingang der CDU/CSU."

Quelle: ntv.de, jog/AFP/dpa

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