"Demütigendes" Verhalten der NSA Opposition sieht "Skandal nach dem Skandal"
15.01.2014, 20:39 Uhr
Wer oder was darf abgehört werden? Darüber soll sich der BND mit der NSA einigen.
(Foto: dpa)
Im Bundestag kommt es zum Disput über die NSA-Affäre. Alle Fraktionen kritisieren die USA - doch die Grünen werden grundsätzlich, die Linke präsentiert sich als Macher, die Union wirbt für den Dialog sowie die Durchsetzungskraft von Bundeskanzlerin Merkel. Spott bleibt da nicht aus.
Am Ende war es wie immer in der NSA-Affäre. Die Bundesregierung - nicht mehr schwarz-gelb, sondern nun schwarz-rot - präsentierte die üblichen Formeln, während die Opposition so laut polterte, wie es irgendwie ging. In einer von der Linken beantragten Aktuellen Stunde des Bundestages war es nur für die SPD ein wenig problematisch - sie muss seit dem Regierungswechsel kritische Töne anschlagen, aber trotzdem die Linie der Union mittragen. Und die heißt: Das höchst gefährdete No-Spy-Abkommen soll ins Ziel gebracht werden. Irgendwie. So war es zuletzt aus Verhandlungskreisen zu erfahren.
Drei Monate soll es bis zu einem Abschluss mit der NSA dauern. Dabei setzt die Union auf das persönliche Gespräch zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama sowie US-Außenminister John Kerry, wie Armin Schuster von der Unionsfraktion deutlich machte: "Ohne No-Spy-Abkommen spioniert jeden gegen jeden, und wir müssen strafrechtlich gegen alle ermitteln", so Schuster. Dies solle verhindert werden.
Medienberichten zufolge ist ein positives Ergebnis der Verhandlungen zwischen Deutschland und den USA jedoch inzwischen in weite Ferne gerückt. Seit mehr als einem halben Jahr liegt der NSA ein Fragenkatalog der Bundesregierung vor, der aber bislang nicht beantwortet wurde - und dies kritisierte die Opposition scharf. Die SPD schloss sich an und nannte das Verhalten gar "demütigend".
"Verklärung und Vertuschung"
Als der Grünen-Datenschutzexperte Konstantin von Notz der Regierung vorwarf, sie verstehe offenbar nicht, worum es im Grundsatz gehe, überschlug sich fast seine Stimme: "Wer beobachtet wird, ist nicht frei", sagte er, und prangerte "völkerrechtliches Vergehen in mindestens fünf Nationen" an. Ein bilaterales No-Spy-Abkommen mit den USA sei ein "untauglicher Versuch", darauf zu reagieren. Die Regierung stehe nach monatelanger "Verklärung und Vertuschung" in der Affäre "völlig blank da". "Das ist der Skandal nach dem Skandal", so von Notz.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenminis terium, Günter Krings räumte ein, dass die Informationspolitik der USA über die Aktivitäten der NSA "höchst unbefriedigend" sei. So hätten die USA zwar viel Material "deklassifiziert" und damit zur Weitergabe freigegeben, darin hätten sich aber nicht viele relevante Informationen befunden. Aber gerade deshalb müssten die Verhandlungen über das Abkommen fortgesetzt werden, so der CDU-Politiker. Er räumte zudem ein, dass es Grundrechtsverletzungen bei deutschen Bürgern gebe.
Krings sprach sich ebenso wie der CDU-Innenpolitiker Clemens Binninger gegen die Aussetzung anderer Vereinbarungen mit den USA aus, wie es die Opposition teilweise gefordert hatte. Bei Verträgen zur Weitergabe von Fluggast- oder Bankdaten werde der Datenschutz eingehalten, sagte Binninger, der zum neuen Vorsitzenden des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) im Bundestag gewählt werden soll. Das ist für die Überprüfung der Geheimdienstarbeit in Deutschland zuständig.
Der SPD-Innenexperte Michael Hartmann stellte dagegen die Vereinbarungen mit den USA infrage. Warum solle Europa Daten auf der Grundlage von Verträgen weitergeben, wenn sich die USA "hintenrum" noch viel mehr Daten holten, sagte er in der Debatte. Es gehe nicht an, dass die USA den Kampf gegen den Terrorismus dazu nutzten, "sich alles technisch Mögliche in Deutschland zu holen". Hartmann äußerte die Hoffnung, dass das Antispionageabkommen doch noch zustande kommen könnte.
Linke schlägt Sonderermittler vor
Jan Korte von der Linken hielt der Bundesregierung jedoch vor, ihre Haltung in der Affäre sei inzwischen das "Hauptproblem". Statt sich nur unzufrieden mit den Verhandlungen über das geplante Antispionageabkommen zu zeigen, müsse die Regierung die Verhandlungen über das zwischen den USA und der EU geplante Freihandelsabkommen aufkündigen. "Das ist eine Sprache, die die Amerikaner verstehen", sagte Korte. Der frühere Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar solle Sonderermittler in der Spähaffäre um den US-Geheimdienst NSA werden, forderte er.
Als von der Union hingegen auf die Tatkraft Merkels gegenüber Obama verwiesen wurde - sie will in den kommenden Wochen zu Gesprächen nach Washington reisen -, gab es spöttische Zwischenrufe von der Oppositionbank, etwa: "Dafür ist sie ja bekannt!" Zumindest die Grünen und die Linke fanden das amüsant.
Was die beiden Fraktionen ebenfalls einte, war die Forderung nach einer multilateralen Lösung. "Wir haben ein europäisches Problem und es muss europäisch gelöst werden", so der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele. Er erneuerte wie die Linke seine Forderung nach einer Befragung des Ex-NSA-Mitarbeiters Edward Snowden durch einen Untersuchungsausschuss. "Von ihm bekommen wir die Informationen, die uns die NSA nicht geben will", so Ströbele.
Quelle: ntv.de, mit AFP