Kanzlerin in Kundus-Affäre unter Druck Opposition will Merkel anhören
27.03.2010, 08:12 UhrBundeskanzlerin Merkel muss sehr wahrscheinlich vor dem Kundus-Untersuchungsausschuss aussagen. Die Opposition verlangt geschlossen eine Vorladung. Es gebe Fragen, die nur die Kanzlerin beantworten kann, heißt es. Ob Merkel noch vor der Sommerpause aussagt, ist unklar.

Bundeskanzlerin Merkel wird auch ohne Zustimmung der Regierungsfraktionen vor dem Ausschuss aussagen müssen.
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Auch die SPD verlangt im Untersuchungsausschuss zur Kundus-Affäre eine Vorladung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Der SPD-Obmann im Ausschuss, Rainer Arnold, sagte der "BILD"-Zeitung: "Es gibt Fragen, die letztlich nur die Kanzlerin beantworten kann." Hintergrund ist eine erst jetzt aufgetauchte E-Mail, aus der hervorgeht, dass das Kanzleramt schon am Morgen des 4. September Hinweise auf zivile Opfer des von der Bundeswehr angeforderten Luftangriffs in Afghanistan hatte. Am Freitag hatten bereits Grüne und Linke eine baldige Vernehmung Merkels zur Kundus-Affäre vor dem Ausschuss verlangt.
Die Opposition kann Merkel auch ohne Zustimmung der Koalition vor den Untersuchungsausschuss laden. Ab Mai werden beide Seiten von Sitzung zu Sitzung abwechselnd über die Zeugen entscheiden. Ob die Kanzlerin noch vor der Sommerpause geladen wird, ist aber noch unklar. Als nächster Zeuge ist Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg für den 22. April terminiert.
"Das Verheerende daran ist, ..."
Am Donnerstag war unmittelbar vor der Aussage von Ex-Verteidigungsminister Franz Josef Jung eine E-Mail bekannt geworden, aus der hervorgeht, dass das Kanzleramt schon früh Hinweise auf zivile Opfer beim Bombardement von Kundus hatte. In dem Schreiben an die Leitung der für die Geheimdienste zuständigen Abteilung 6 des Kanzleramts, heißt es nur wenige Stunden nach dem Angriff: "Das Verheerende daran ist, dass dabei zahlreiche Zivilisten ums Leben gekommen sind (Zahlen variieren von 50 bis 100)." Die Bundesregierung hatte wochenlang keine klare Einschätzung abgegeben, ob es bei dem Bombardement vom 4. September 2009 zivile Opfer gab.

Merkel besucht am 06.04.2009 in Kundus in Afghanistan Soldaten der Bundeswehr. (Archivbild)
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Die Mail war wie auch die weiteren Unterlagen des Kanzleramts zu dem Bombardement dem Kundus-Untersuchungsausschuss übergeben worden.
Das Gremium befasst sich mit dem Bombardement in Nordafghanistan, bei dem am 4. September 2009 bis zu 142 Menschen getötet worden waren, darunter auch Zivilisten.
Die Grünen-Fraktionschefs Renate Künast und Jürgen Trittin forderten Merkel in einem Brief auf, "umgehend" für Aufklärung zu sorgen. Sie hielten der Kanzlerin vor, dass sie in ihrer Regierungserklärung vom 8. September zwar auf widersprüchliche Meldungen über zivile Opfer hingewiesen habe. "Sie haben dem Bundestag aber verschwiegen, dass der Bundesregierung bereits konkrete Hinweise auf zivile Opfer vorlagen."
Quelle: ntv.de, dpa