Stimmung gegen EU und Ukraine Orban will Politik mit populistischer Umfrage absichern
17.11.2023, 16:10 Uhr Artikel anhören
Mit Suggestivfragen versucht sich Ungarns Ministerpräsident Orban Zustimmung für seine Politik zu sichern.
(Foto: picture alliance / NurPhoto)
Dem Volk aufs Maul schauen ist wichtig. Wenn man die Bürger des Landes fragt, kommt es aber darauf an, wie. Ungarns Regierung versucht sich mit einer Umfrage Rückhalt für die eigenen Vorhaben zu holen. So wie die Fragen gestellt sind, dürfte das Ergebnis kaum Überraschungen bringen.
Die rechtskonservative Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban in Ungarn hat eine Umfrage begonnen, mit der das Land gegen mutmaßliche EU-Politik "geschützt" werden soll. Unter anderem geht es darin um die Migration und einen möglichen EU-Beitritt der Ukraine. Bei jeder der Fragen haben die Befragten nur zwei Alternativen zur Auswahl: entweder die Haltung der ungarischen Regierung zu unterstützen oder eine angebliche EU-Linie zu wählen.
"Brüssel will in Ungarn Ghettos für Migranten errichten. Was halten Sie davon?", lautet eine der insgesamt elf Fragen in dem auf der Facebook-Seite der Regierung veröffentlichten Formular für die "Nationale Konsultation zur Verteidigung unserer Souveränität". Neben der Migrationspolitik geht es in der neuen Konsultation auch um den Krieg im Nachbarland Ukraine, zu dem Ungarn ein angespanntes Verhältnis hat. Dabei wird unter anderem als EU-Linie erklärt: "Brüssel will der Ukraine mehr Waffen und Geld geben" oder "Brüssel will, dass die Ukraine der Europäischen Union beitritt".
Bei der letzten Befragung dieser Art im Jahr 2022 ging es um EU-Sanktionen gegen Russland. Die Befragung ist rechtlich nicht bindend. Regierungschef Orban äußerte jedoch vergangene Woche, dass seine Regierung ihre Politik durch den Fragebogen bestätigt sehen könnte. Darauf basierend könne sie ihre Konflikte mit Brüssel zum Bereich Migration weiterhin "durchhalten". Hinsichtlich der Migration erklärte Orban beim EU-Gipfel Ende Oktober in Brüssel: "Wir wollen weder Geld für Migranten noch für die Ukraine ausgeben."
Budapest warnt vor EU-Beitritt der Ukraine
Der seit 2010 regierende Orban liegt mit der EU-Kommission seit Jahren bei zahlreichen Themen über Kreuz. Der EU-Sanktionspolitik gegen Russland wegen des Ukraine-Krieges verweigert er sich und setzt weiterhin auf eine Verständigung mit Moskau. Ungarn ist zwar EU- und NATO-Mitglied, steht aber einem möglichen EU-Beitritt der Ukraine kritisch gegenüber. Zuletzt warnte Budapest die EU-Kommission vor der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Kiew.
Zudem blockiert das Land - wie die Slowakei nach dem Regierungswechsel Anfang Oktober - neue Milliardenhilfen der Europäischen Union für die Ukraine. Beim EU-Gipfel äußerten beide Staaten zuletzt harte Kritik an einem geplanten Hilfspaket für das Land in Höhe von 50 Milliarden Euro.
Diplomaten zufolge will Orban mit seiner Blockade die Freigabe von 13 Milliarden Euro für Ungarn erzwingen, welche die EU im Streit um die Rechtsstaatlichkeit in dem Land eingefroren hat.
Quelle: ntv.de, als/AFP