Hunzingers Gelder Özdemir in der Kreide
21.07.2002, 08:06 UhrNicht nur Ex-Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD), sondern auch der Grünen-Politiker Cem Özdemir pflegte zu dem PR-Unternehmer Moritz Hunzinger gute Geschäftsbeziehungen. Özdemir bestätigte Medienberichte, wonach er von Hunzinger einen Kredit und ein Honorar erhalten hat.
Er habe im Januar 1999 von dem PR-Unternehmer ein privates Darlehen in Höhe von 80.000 DM zu einem Zinssatz von 5,5 Prozent angenommen, sagte Özdemir. Dieses zahle er seither in monatlichen Raten von 2.000 DM (etwa 1.025 Euro) ab.
Zudem habe er für die Teilnahme an einer Veranstaltung der Firma Microsoft zum Thema Bildung von Hunzinger ein einmaliges Honorar über 2.000 Euro erhalten, das er umgehend seiner Partei gespendet habe. Wegen der anhaltenden Diskussionen um den PR-Unternehmer habe er sich nun entschlossen, den bei der Rückzahlung des Kredits noch ausstehenden Betrag umgehend und vollständig abzulösen.
"Mit der Gewährung dieses Kredits waren für mich keine Verpflichtungen verbunden. Ich war damals froh, dass mir zügig und einfach aus einem finanziellen Engpass geholfen wurde", erklärte Özdemir. Gegenüber "Spiegel TV" sagte er, er habe das Geld dringend gebraucht, als er als Student zum Abgeordneten gewählt worden sei. Sein Girokonto sei überzogen gewesen, da er nach seiner Wahl allen Geld gegeben habe, die ihn um Hilfe gebeten hätten, etwa humanitären Organisationen oder dem politischen Umfeld. "Irgendwann nach drei Jahren kam die Steuernachzahlung, und ich hatte dann ein kleines Problem", sagte der Grünen-Politiker.
Grünen-Fraktionschef Rezzo Schlauch sagte dem "Tagesspiegel": "Der Vorgang ist den Regeln nach nicht zu beanstanden." Politisch sei das Ganze aber "nicht glücklich, auch wenn es mit dem Fall Scharping nicht zu vergleichen ist". Im Hinblick auf weitere Fälle würden die Parteikollegen bei der nächsten Fraktionssitzung informell befragt. Er sehe aber keinen Anlass, eine offizielle Erklärung zu verlangen.
Thierse mahnt Scharping
Bundestagstagspräsident Wolfgang Thierse verlangte unterdessen von Scharping (beide SPD) Aufklärung über eventuelle Nebeneinkünfte durch Hunziger. Nach Angaben eines Sprechers des Bundestages hat Thierse zu Wochenbeginn nach Bekanntwerden der Vorwürfe Scharping aufgefordert, zu den Berichten über Nebeneinkünfte Stellung zu nehmen. Es gehe darum aufzuklären, ob die Nebeneinkünfte im Einklang mit den Verhaltensregeln für Abgeordnete stehen.
Das Magazin "Stern" hatte Online berichtet, Scharping habe vorschriftswidrig von Hunziger gezahlte Honorare in Höhe von 140.000 Mark verschwiegen.
Scharpings Geständnis
Scharping hatte zugegeben, von der PR-Beratung Hunzinger 1998 einen Betrag von 80.000 Mark und im folgenden Jahr weitere 60.000 Mark erhalten zu haben. Die 80.000 Mark bezeichnete er als Voraushonorar für eine spätere Veröffentlichung seiner Memoiren, die 60.000 Mark als Honorar für drei Vorträge in den Jahren 1996 bis 1998.
Bundesminister dürfen per Gesetz keine Nebeneinkünfte haben. Nach den Regeln für Bundestagsabgeordnete müssen Honorare aus Vortragstätigkeiten dem Bundestagspräsidium gemeldet werden, sofern sie 2.500 Euro im Monat oder 15.500 Euro im Jahr überschreiten.
Quelle: ntv.de