"Absolut historische Rolle" Paisley nimmt den Hut
04.03.2008, 20:33 UhrNordirlands Regierungschef Ian Paisley hat überraschend seinen Rücktritt angekündigt und damit das Ende einer Ära in der einstigen Konfliktregion eingeläutet. Er werde nächsten Mai nach fast 40 Jahren auch den Posten als Chef der protestantischen Unionistenpartei DUP aufgeben, sagte der 81-Jährige in Belfast. Nach einem jahrzehntelangen blutigen Konflikt hatte Paisley im Mai vergangenen Jahres zusammen mit seinem Erzfeind Martin McGuiness, dem ehemaligen Kommandeur der Terrororganisation IRA und Politiker der pro-irischen Sinn Fein Partei, eine gemeinsame Regierung gebildet.
Die Entscheidung, gemeinsam zu regieren, wurde als Versöhnung zwischen den einst verfeindeten Protestanten und Katholiken in Nordirland gewertet. Nach fünf Jahren unter der Verwaltung aus London hatte Nordirland damit wieder eine eigene Regierung. Dem Nordirland-Konflikt waren seit 1969 mehr als 3.500 Menschen zum Opfer gefallen. Die Grundlage für die friedliche Lösung wurde 1998 durch das Karfreitagsabkommen gelegt, an dem neben den Konfliktgegnern auch die Regierungen in Dublin und in London beteiligt waren.
Der britische Premierminister Gordon Brown würdigte Paisleys "riesigen Beitrag" zur Politik in Nordirland. Browns Vorgänger Tony Blair, der zusammen mit Irlands Regierungschef Bertie Ahern maßgeblich für den Friedensprozess verantwortlich war, sagte: "Der Mann, der für sein "Nein" berühmt war, wird in die Geschichte eingehen, weil er "Ja" gesagt hat." Ahern sagte, er hoffe, die Zusammenarbeit mit Paisleys Nachfolger laufe ebenfalls "harmonisch" ab.
Mit Rücktritt Druck nachgegeben
Mit dem Rücktritt gab Paisley dem seit längerem wachsenden Druck innerhalb seiner Partei nach. Dieser hatte auch mit der Rolle seines Sohnes zu tun, der wegen angeblichen Verbindungen zu Bauträgern in die Schlagzeilen geraten und als Juniorminister zurückgetreten war. Auch sein vielen Kritikern zu inniges Verhältnis zu McGuinness hatte zu Verstimmungen in der Partei geführt.
Starrköpfiger "Dr. No"
Paisley, auch "Dr. No" genannt, prägte seit fünf Jahrzehnten die nordirische Politik. Er galt als besonders starrköpfiger Hardliner und hatte lange Zeit eine Vereinbarung mit der Sinn Fein Partei als "Pakt mit dem Teufel" abgelehnt. Dann stimmte er - für viele überraschend - doch noch einer gemeinsamen Regierung zu. "Niemals" und "Nein" waren die Standartworte des protestantischen Pfarrers. Unbeugsam war er nicht nur gegenüber Bestrebungen, den Norden Irlands mit der katholisch dominierten Republik im Süden zu vereinen. Eigensinnig gründete er Anfang der 50er-Jahre auch seine eigene Freie Presbyterianische Kirche.
Als wahrscheinlicher Nachfolger Paisleys gilt der DUP-Vizechef und nordirische Finanzminister Peter Robinson. Paisley wird nach eigenen Angaben Abgeordneter bleiben. Auch McGuinness würdigte Paisleys Verdienste in Nordirland: Seine "historische Entscheidung", mit Sinn Fein eine Regierung zu bilden, habe Nordirland "für immer" verändert. Großbritanniens ehemaliger Nordirland-Minister Peter Hain hob Paisleys "absolut historische Rolle" hervor.
Quelle: ntv.de