US-Geheimdienste wussten Bescheid Pakistan deckte Osama bin Laden
01.03.2012, 12:12 Uhr
Das Versteck Osama bin Ladens - wenige Tage nach dem "Überraschungsangriff".
(Foto: AP)
Von Wikileaks veröffentlichte E-Mails der US-Sicherheitsfirma Stratfor stützen die These, dass Pakistan vom Aufenthaltsort des Terroristenführers Bin Laden wusste. Dies war den US-Geheimdiensten bekannt. Bei den strategischen Erwägungen der Vereinigten Staaten behilflich: Ex-Terroristenjäger und Stratfor-Vizechef Burton.
Gerüchte hat es schon lange gegeben - nun gibt es offenbar erste Belege, dass Pakistan vom Aufenthaltsort des ehemaligen Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden wusste. Bin Laden war im Mai des Jahres 2011 im pakistanischen Abbottabad getötet worden, fast eine Dekade nach dem Beginn der Jagd auf den Drahtzieher der World-Trade-Center-Anschläge.
In internen Mitteilungen der US-Sicherheitsfirma Stratfor ist zu lesen, dass bis zu zwölf Personen im pakistanischen Geheimdienst "Inter-Services Intelligence" (ISI) von Bin Ladens Aufenthaltsort gewusst haben sollen - und ihn folglich deckten. Die Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlicht seit Beginn der Woche interne E-Mails des Unternehmens.
"In regelmäßigen Kontakt"
Eine E-Mail an einen Analysten bei Stratfor nennt zwar keine Namen, wohl aber die Funktionen der Mitwisser. "Mittlere bis obere ISI-Ebene und pakistanische Militärs", inklusive eines Generals a.D., wüssten von "den Maßnahmen" sowie dem Unterschlupf Osama bin Ladens, heißt es darin. Der Terroristenführer soll "in regelmäßigem Kontakt" mit Pakistans Nachrichtendienst gewesen sein, wie der britische "Telegraph" aus einer Nachricht zitiert.
Ebenfalls brisant: Die US-Geheimdienste sollen davon gewusst haben. Das Wissen um die Identitäten der Eingeweihten solle jedoch zurückgehalten werden, riet Stratfor. Der Grund: Washington könne es bei Verhandlungen mit der pakistanischen Führung in Islamabad einsetzen, für die Zeit "nach dem Überraschungsangriff".
Von einem Informanten aus dem ISI heißt es zudem, eine öffentliche Anprangerung Pakistans sei nicht hilfreich, die Gesellschaft des Landes "schätze Respekt". Aber: "Feindseligkeiten hinterlassen Erinnerungen über Generationen", warnt die Stratfor-Quelle "PK700" in seiner knappen Einschätzung zur öffentlichen Wahrnehmung der US-Aktivitäten in seinem Heimatland.
Einflussreiche Seilschaften
Stratfor ist Wikileaks zufolge in Washington exzellent vernetzt. Die Firma unterhalte nicht nur enge Beziehungen zu Rüstungsfirmen, sondern berate auch den US-Geheimdienst sowie US-Strafverfolgungsbehörden. Darunter sollen das Heimatschutzministerium, die US Marines und der Verteidigungsnachrichtendienst sein. Das Unternehmen gab am Montag den Diebstahl "einer großen Anzahl E-Mails" zu, die Hacker nach eigenen Angaben Ende des Jahres 2011 erbeutet hatten - und nun von Wikileaks teilweise veröffentlicht wurden.
Wie eng die Beziehungen zu den Akteuren der US-Regierungsorganisationen wirklich sind, lässt ein Blick auf die Vita von Vizechef Fred Burton vermuten. Vor seinem Job bei Stratfor war der Terrorismus-Experte nicht nur Spezialagent im diplomatischen Sicherheitsdienst der USA, sondern auch stellvertretender Leiter der dortigen Anti-Terror-Einheit und Mitglied verschiedener Ermittlungsteams zu Anschlägen von Al-Kaida.
Offenbar scheut sich Burton nicht, alte Seilschaften in Schlüsselpositionen nach Bedarf zu beleben. "Ich kann Zugang zum Material aus OBLs Unterschlupf bekommen", heißt es in einer Nachricht von burton@stratfor.com, die Wikileaks ebenfalls veröffentlicht hat. In den internen Korrespondenzen wird Osama bin Laden mit "OBL" abgekürzt. Die E-Mail stammt vom 12. Mai 2011, zehn Tage nach der Operation der US-Spezialkräfte. Und damit der Tötung des Terroristenführers.
Quelle: ntv.de