Westerwelle im Bus nach Islamabad "Pakistan spielt Schlüsselrolle"
08.01.2011, 18:25 UhrAußenminister Westerwelle besucht Pakistan. Dort betont er vor allem die wichtige Rolle, die das Land für die Stabilisierung der Verhältnisse am Hindukusch spielt. Seine Reise verläuft jedoch nicht ohne Komplikationen - der Vizekanzler muss vom Flugzeug in den Bus umsteigen. Unterdessen erreicht ihn eine Einladung seines iranischen Kollegen.

Mit dem Bus ans Ziel: Westerwelles Ankunft in Islamabad verzögerte sich um mehrere Stunden.
(Foto: dpa)
Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat bei einem Besuch in Pakistan das große deutsche Interesse an stabilen Verhältnissen in Pakistan unterstrichen. Pakistan spiele für die Lage am Hindukusch eine wichtige Rolle, sagte Westerwelle nach einem Treffen mit dem pakistanischen Außenminister Shah Mehmood Qureshi. Der Bundesaußenminister sagte zu, sich in der EU für Handelserleichterungen für Pakistan einzusetzen.
Die Atommacht mit ihren 170 Millionen Einwohnern habe eine "absolute Schlüsselrolle", auch für die Befriedung des Nachbarlands Afghanistan, sagte Westerwelle in der Hauptstadt Islamabad. Mit seinem pakistanischen Amtskollegen stimmte er darin überein, dass es dort nur eine "politische Lösung" geben könne. Gleichzeitig begrüßte der Bundesaußenminister die "Intensivierung" der Beziehungen Pakistans zu seinem Erzrivalen Indien. Das Verhältnis der beiden Atommächte könne durch Kooperation verbessert werden.
Reise mit Hindernissen
Die Gespräche in Islamabad begannen mit mehr als sieben Stunden Verspätung, weil Westerwelles Regierungsflugzeug wegen dichten Nebels dort nicht landen konnte. Die Maschine musste ins mehr als 250 Kilometer entfernte Lahore ausweichen. und dann mit dem Auto in die Hauptstadt. Ein geplantes Treffen mit Premierminister Yousaf Raza Gilani musste ausfallen.

Pakistan habe eine "absolute Schlüsselrolle", betonte der Außenminister nach dem Treffen mit seinem iranischen Kollegen.
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"Deutschland hat ein ganz großes Interesse daran, dass Pakistan ein stabiles Land ist und bleibt", sagte Westerwelle. "Was wir tun können, damit sich Pakistan stabilisiert, sollten wir tun. Auch in unserem eigenen Interesse." Das Grenzgebiet zum Nachbarland Afghanistan gilt als wichtigstes Rückzugsgebiet von islamistischen Terroristen.
Der Minister sprach sich ferner dafür aus, die Märkte in Europa stärker für Produkte aus Pakistan zu öffnen. Am Sonntag will sich der Außenminister und FDP-Vorsitzende ein Bild von der Lage nach den schweren Überschwemmungen machen, die Pakistan im vergangenen Sommer heimgesucht hatten. Deutschland beteiligt sich an verschiedenen Hilfsprojekten. Bei der schlimmsten Hochwasser-Katastrophe in der Geschichte des Landes gab es mehr als 1700 Tote. Insgesamt waren 20 Millionen Menschen betroffen. Mehrere Millionen sind heute noch auf Hilfe angewiesen.
Innenpolitisch war die Entwicklung Pakistans zuletzt von einer Koalitionskrise geprägt. Premierminister Gilani gelang es erst am Freitag, den kleineren Koalitionspartner Partei MQM zur Rückkehr in die Regierung zu bewegen. Damit hat Gilanis Pakistanische Volkspartei (PPP), die zusammen mit mehreren kleineren Parteien regiert, wieder eine Mehrheit im Parlament.
Übergabe in Afghanistan so früh wie möglich
Am Rande der Reise des Außenministers wurde bekannt, dass die Bundesregierung im neuen Afghanistan-Mandat das Ziel eines Bundeswehr-Abzugs ab Ende dieses Jahres festschreiben will. Das meldete die Nachrichtenagentur Reuters aus Lahore. "Die Bundesregierung ist zuversichtlich, im Zuge der Übergabe der Sicherheitsverantwortung die Präsenz der Bundeswehr ab Ende 2011 reduzieren zu können", zitierten Kreise des Auswärtigen Amtes aus dem Mandatstext. Die Regierung werde jeden sicherheitspolitisch vertretbaren Spielraum für eine frühstmögliche Reduzierung nutzen. Bedingung sei allerdings, dass die Lage dies erlaube und die deutschen Truppen sowie die Nachhaltigkeit des Übergabeprozesses nicht gefährdet würden. Ähnlich hatte Westerwelle sich bereits beim Dreikönigstreffen der FDP geäußert.
Das Kabinett will das neue Mandat nächste Woche beschließen, der Bundestag soll darüber am 28. Januar entscheiden. Die Mandatsobergrenze von 5000 Soldaten plus einer Reserve von 350 Soldaten soll unverändert bleiben. Indem die Regierung den angestrebten Abzugsbeginn schon für 2011 festschreibt, kommt sie der SPD entgegen. Die Sozialdemokraten hatten dies zur Bedingung für ihre Zustimmung gemacht.
Westerwelle nach Iran eingeladen
Unterdessen hat der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi im Fall der beiden im Iran inhaftierten deutschen Journalisten Westerwelle nach Teheran eingeladen. Salehi erklärte sich im "Spiegel" laut dazu bereit, über alles zu sprechen, "auch über diesen Fall". Westerwelle begrüßte laut "Bild am Sonntag" die Bereitschaft des Iran zu einer schnellen Lösung.
Salehi kündigte im Gespräch mit dem Hamburger Nachrichtenmagazin an, die beiden im nordiranischen Tabris inhaftierten "Bild am Sonntag"-Reporter "im Einklang mit unserer Gesetzgebung und der im Islam verwurzelten Güte zu behandeln". Sein Ministerium versuche in dem Fall, "Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die zu Verzögerungen und Schwierigkeiten führen könnten". Wenn es nach ihm ginge, könnte die Angelegenheit "in Sekunden" bereinigt werden.
Salehi sagte dem "Spiegel" weiter, es könne seiner Ansicht nach hilfreich sein, wenn die Chefredaktion der "Bild am Sonntag" und der Axel-Springer-Verlag "einräumen würden, einen Fehler gemacht zu haben". Auch eine Entschuldigung sei angebracht.
Die beiden Reporter waren am 10. Oktober in Tabris festgenommen worden, als sie versuchten, den Sohn der Iranerin Sakine Mohammadi Aschtiani zu interviewen. Diese ist wegen Mordes und Ehebruchs zum Tode verurteilt. Den beiden Reportern wird vorgeworfen, ohne entsprechendes Visum als Journalisten gearbeitet zu haben.
Westerwelle begrüßte gegenüber "Bild am Sonntag" Salehis Äußerungen, "insbesondere seine Einschätzung, dass der Fall der beiden im Iran inhaftierten deutschen Journalisten in absehbarer Zeit gelöst werden könnte".
Quelle: ntv.de, dpa/AFP