Verhaftung und Abschiebung Palästinenser warnen Israel
19.07.2002, 08:45 UhrDie Palästinensische Autonomiebehörde hat am Freitag Israel gewarnt, Familienangehörige palästinensischer Aktivisten zu deportieren. Israels Armee hatte am Freitag 22 männliche Angehörige der Attentäter von Emanuel und der Selbstmordattentäter von Tel Aviv festgenommen, um sie eventuell in den Gazastreifen abzuschieben. Damit würde Israel auf Methoden aus dem ersten Palästinenser-Aufstand zwischen 1987 und 1993 zurückgreifen.
Die Palästinenser-Regierung verurteilte die Abschiebungspläne als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die radikal-islamische Hamas kündigte weitere Anschläge gegen Israel an, falls es tatsächlich zu Abschiebungen komme.
Die USA forderten Israel auf, von "Deportationen" abzusehen. Dies bringe nicht die erhoffte Sicherheit, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Richard Boucher. "Wir erwarten, dass sich Israels Vorgehen bei seinem Feldzug gegen den Terror auf Informationen über individuelle Schuld stützt und nicht auf persönliche oder familiäre Beziehungen", sagte Boucher.
Israels Antwort
Am Freitag wurde nach einer Beratung beim Rechtsberater der israelischen Regierung beschlossen, dass nur solche Angehörige von "Terroristen" vom Westjordanland in den Gazastreifen "deportiert" werden dürften, bei denen "eine direkte Beteiligung nachgewiesen werden konnte".
Es werde keine Massendeportation und auch keine kollektive Bestrafung von Angehörigen von "Terroristen" geben. Die Beschlüsse des Rechtsberaters Amnon Rubinstein sind für die israelische Regierung bindend. Allerdings sei mit Klagen vor dem Obersten Gericht Israels zu rechnen, wenn Palästinenser aus ihren Wohnorten ausgewiesen würden.
Israels Außenminister Schimon Peres sagte gegenüber Radio Israel auf die Frage, ob er Abschiebungen unterstütze: "So weit ich weiß, ist es juristisch überprüft worden, und wenn es gesetzlich möglich ist, ja." Ein Sprecher des Außenministeriums erklärte, Israel versuche, Selbstmordattentätern das "unterstützende Umfeld" zu entziehen.
Dschihad-Mitglied erschossen
Palästinensische Sicherheitskräfte haben am Freitagabend in Gaza-Stadt ein Mitglied des radikal-islamischen Dschihad erschossen. Nach Augenzeugenberichten wollten Angehörige der palästinensischen Militärpolizei eine Gruppe von Dschihad-Mitgliedern nach dem Besuch einer Moschee festnehmen. Die Verdächtigen seien mit einem Auto geflüchtet. Bei der Verfolgung hätten die Polizisten das Feuer eröffnet. Zwei Personen seien verletzt worden, ein 30 Jahre alter Mann sei später im Krankenhaus gestorben. Den Angaben zufolge sollten die Verdächtigen verhört werden.
Powells Arafat-Nachfolger
US-Außenminister Colin Powell hat nach amerikanischen Medienberichten erstmals zwei mögliche Nachfolger für den für die US-Regierung diskreditierten Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat genannt. In einem Radiointerview habe Powell den palästinensischen Finanzminister Salam Fajad und den neuen Innenminister Abdel Rasak Jechia genannt, berichtete die „Washington Times“ am Freitag.
„Also das sind zwei, die vielleicht die Rolle ausfüllen können, von der ich denke, dass sie dringend ausgefüllt werden muss“, sagte Powell nach Angaben der Zeitung. Beide Politiker bemühten sich um eine Reform der palästinensischen Regierungsstrukturen.
Treffen ranghoher Politiker
Das geplante Treffen ranghoher israelischer und palästinensischer Politiker soll nun am Samstagabend stattfinden. Nach einem Bericht des israelischen Rundfunks wird Außenminister Peres die israelische Delegation führen, während der frühere Cherfunterhändler Saeb Erekat die palästinensische Delegation leiten soll. Das ursprünglich schon für Mittwoch geplante Treffen war nach den Anschlägen in Tel Aviv verschoben worden. Verhandelt werden sollte eine Lockerung israelischer Einschränkungen gegenüber den Palästinensern.
Quelle: ntv.de