Politischer Aschermittwoch Parteien erhöhen die Drehzahl
13.02.2013, 14:22 Uhr
Seehofer macht es sich leicht mit dem politischen Gegner. Seine Partei steht bei den Wählern hoch im Kurs.
(Foto: dpa)
Der Aschermittwoch markiert normalerweise das Ende der tollen Tage. In der Politik ist es umgekehrt. Im Wahlkampf umso mehr. Die Parteien schenken sich nichts. Sieben Monate vor der Bundestagswahl nutzen sie den Aschermittwoch für eine Generalabrechnung mit dem politischen Gegner.
Jahrzehntelang hatte die CSU die größte Aschermittwochs-Kundgebung in Deutschland auf die Beine gestellt. Diesmal gewinnt ganz offensichtlich die SPD den Zahlen-Wettstreit. Sie hat im niederbayerischen Vilshofen ein großes Bierzelt aufstellen lassen und lässt 5000 Menschen ein. Kanzlerkandidat Peer Steinbrück lästert zum Auftakt seiner Rede: "Dagegen sitzt eine kleine radikale Minderheit in Passau."
Steinbrück wies Spekulationen über ein neues Bündnis mit der Union nach der Bundestagswahl zurück. "Ich setze nicht auf eine Große Koalition. Ich spiele nicht auf Platz, ich setze auf Sieg, und ich beschäftige mich mit keinem anderen Szenario", sagte Steinbrück vor den tobenden Zuhörern, die in Vilshofen mit "Peer, Peer"-Rufen antworteten. Schwarz-Gelb sei am Ende, so Steinbrück. Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel habe in den Jahren der Großen Koalition nur wegen der SPD-Minister eine gute Figur gemacht. Heute agiere in der schwarz-gelben Bundesregierung eine "Gurkenriege". CSU-Chef Horst Seehofer sei die größte lose Kanone auf dem politischen Deck Deutschlands.
Doch die CSU in der Passauer Dreiländerhalle lässt sich davon nicht beirren: Sie fühlt sich so stark wie seit Jahren nicht. Die Spitzenstellung Bayerns in Europa habe auch mit der CSU zu tun, ruft Seehofer in den Saal. Auch Edmund Stoiber knüpft in seiner Rede an die guten alten Zeiten an. "Ich grüße die erfolgreichste Partei Europas", ruft der CSU-Ehrenvorsitzende in den Saal. "Die CSU ist wieder da." Und dann schimpft er auf die "Großpolitiker von der Opposition".
Steinbrück liefert die Reibefläche
Auch Seehofer beginnt bissig. "Sein Lebensmotto ist offensichtlich: Jedem das Seine - und mir das meiste", lästert er über Steinbrück und spottet: "Ich halte heute eine garantiert honorarfreie Rede." Und dann hat er noch einen Ratschlag für Steinbrück: "Besser den Mund zu als die Hand aufhalten."
In Vilshofen lästert zeitgleich SPD-Landeschef Florian Pronold, Seehofer sei der "schnellstdrehende Wetterhahn in Bayern". Dieser verteidigte derweil einige Kilometer weiter die Klage Bayerns gegen den Länderfinanzausgleich. Er werde die Oppositionsparteien im Landtag in dieser Frage zum Schwur zwingen. "Dann schauen wir mal, wer bayerischer Patriot ist, wer für bayerische Interessen ist", sagte Seehofer. "Damit niemand davonschleichen kann, werden wir namentlich abstimmen." Dann werde sich zeigen, "bist Du zuerst Bayer oder Genosse", meinte Seehofer. "Es darf in Bayern nie passieren, dass eine Regierung abhängig wird von einer Parteizentrale in Berlin", sagte er an die Adresse der Sozialdemokraten. "SPD und Bayern passen nicht zusammen."
Grüne sprechen von "Chaosdiktatur"
Derweil warf die Spitzenkandidatin der Grünen für die bayerische Landtagswahl, Margarete Bause, Seehofer eine "Chaosdiktatur" vor. Die CSU habe nichts zu bieten als "die dumpfe Einfalt eines Dobrindt oder die Schmutzeleien eines Söder, die Kaltherzigkeit einer Frau Haderthauer und die Zuckerwatte einer Frau Aigner", sagte Bause beim Politischen Aschermittwoch ihrer Partei in Landshut. "Und über all dem thront die Chaosdiktatur eines Herrn Seehofer." CSU und FDP könnten Bayern nicht erfolgreich weiterregieren.
Ihr Parteikollege, der Grünen-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Jürgen Trittin, ging mit der Rüstungspolitik der Bundesregierung scharf ins Gericht. Rüstungsexporte aus Deutschland uferten aus, sagte er in Landshut. "Der beste Freund von Angela ist König Abdullah", fügte Trittin mit Blick auf das Interesse Saudi-Arabiens an deutschen Rüstungsgütern hinzu. Trittin kritisierte auch die Bildungs-, Energie-, Klima- und Agrarpolitik der Regierung, eine soziale Kälte der Regierungsparteien und sprach von einer "unbarmherzigen Klientelpolitik". "Wir müssen den asozialen Zynismus in diesem Lande beenden", forderte er. "Wenn sich Union und FDP für bürgerlich halten, dann ist das ungefähr so wahrhaftig wie die Dissertation von Karl-Theodor zu Guttenberg, dem Felix Krull aus Oberfranken." "Wir versuchen alle, vor allem nach Aschermittwoch, unseren inneren Schweinehund zu überwinden", sagte Trittin. "Die FDP macht ihn zum Spitzenkandidaten."
Dirndl-Solidarität mit Brüderle
Der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil hatte derweil in Dingolfing den FDP-Bundestagsfraktionschef Rainer Brüderle "im Land der Dirndl und Denker" begrüßt. Brüderle lasse sich seine natürliche Fröhlichkeit von niemandem nehmen, "und deshalb mögen wir Bayern solche Mannsbilder", sagte Zeil in Dingolfing in Anspielung auf die Sexismusvorwürfe gegen Brüderle.
Dieses Thema nahm auch die Bundesvorsitzende der Linken, Sahra Wagenknecht, bei ihrer Rede in Passau auf: "Ich hatte wirklich vor, mich heute in ein Dirndl zu zwängen. Dann aber hat mich der Mut verlassen. Ich habe nämlich gehört, Rainer Brüderle soll heute hier in der Nähe sein."
Brüderle ging nicht auf die gut und böse gemeinten Anspielungen ein, sondern nahm Steinbrück ins Visier: "Wofür steht er? Man muss ihm nur ein Stichwort liefern. Geld, Kohle, Asche, Moneten: Schon ist der Steinbrück zu allem bereit! (...) Aber keine Sorge, lieber Peer: Die Wähler ersparen Dir das Armenhaus im Kanzleramt."
Quelle: ntv.de, ppo/dpa