Wer klatscht denn da? Pauli lässt CSU sausen
21.11.2007, 16:03 UhrDie CSU-Rebellin Gabriele Pauli will die Partei aus Enttäuschung über die neue Führung verlassen. Sie trete aus der CSU aus, sagte die Fürther Landrätin der Zeitschrift "Vanity Fair". Da der neue Parteichef Erwin Huber seit Monaten nicht auf sie zugekommen sei und auch nicht auf ihre Forderungen und Vorstellungen eingegangen sei, habe sie sich zu diesem Schritt entschlossen. Sie gehe "wegen der Art und Weise, wie man sich mir gegenüber verhalten hat". Ob sie eine eigene Partei gründen oder einer anderen beitreten werde, ließ Pauli in dem Interview offen. Beides seien Optionen. Eine offizielle Bestätigung für den Austritt war am Mittwoch von Pauli nicht zu erhalten.
Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) bedauerte den Schritt, meinte aber, dieser sei "nicht überraschend gekommen". Pauli habe sich "wegentwickelt aus der Partei", erläuterte er unter anderem mit Blick auf die Forderung der Landrätin nach einer "Ehe auf Zeit". "Die Inhalte hatten mit uns nichts mehr zu tun, aber dennoch tut es mir leid, dass uns eine langjährige Weggefährtin verlässt."
CSU-Vize Horst Seehofer, der wie Pauli bei dem Parteitag mit seiner Kandidatur für den CSU-Vorsitz Erwin Huber unterlegen war, bedauerte die Entwicklung ebenfalls. "Es ist schade, weil Frau Pauli ja über sehr, sehr lange Zeit eine sehr interessante und erfolgreiche Politikerin bei uns war", sagte er dem Radiosender Bayern 3. Allerdings habe Pauli auch einen Teil dazu beigetragen, "dass dies jetzt offensichtlich politisch dieses Ende nimmt".
Die Politikerin hatte mit ihrer Kritik am früheren bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Edmund Stoiber maßgeblich zu dessen Rückzug von seinen Ämtern beigetragen. Auf dem CSU-Parteitag Ende September bewarb sie sich selbst um den Parteivorsitz, erhielt aber nur 24 Stimmen (2,5 Prozent). Pauli, die zur nächsten Landratswahl nicht mehr antritt, will sich allerdings auch außerhalb der CSU weiter politisch betätigen. "Ich möchte einen Kreis von Menschen finden, der für eine Politik der Offenheit steht, um einem neuen Denken, dass sich viele ersehnen, Kraft zu verleihen", erläuterte sie in der Zeitschrift ihre Zukunftspläne.
Pauli sagte, ihr Austritt sei die Konsequenz des vergangenen Jahres. In einem Brief an CSU-Chef Huber schrieb sie laut "Vanity Fair": "Um Neuem Raum zu geben, muss man Altes loslassen. Wer sich für andere einsetzt, sollte das unabhängig vom eigenen Ansehen und Status tun. Nur so ist Politik glaubhaft. Viele Politiker in unserer Partei haben dieses Ziel aus den Augen verloren, versuchen, ihre persönliche Stellung zu wahren, und ordnen die offene Diskussion dem eigenen Machtstreben unter."
Sie warf zum Abschied aus der Partei, die sie mit Fotos in Latexhandschuh und mit politischen Vorschlägen zu einer Ehe auf Zeit immer wieder gereizt hatte, der jetzigen Führung Intoleranz vor. "Diese Herren haben keinen Respekt und keine Scheu, meine Meinung zu unterdrücken." Sie fühle sich zudem vom neuen Ministerpräsidenten Günther Beckstein ausgenutzt. "Auch Beckstein war nicht damit einverstanden, dass er (Stoiber) noch einmal antritt".
Außerdem hätten die Männer an der Parteispitze nach wie vor mit ihrer Rolle als Frau Probleme. "Natürlich ist es für die Herren von der CSU leichter mit Frauen, die sich unterordnen", sagte sie. "Mit mir hatten sie es schwerer. Die hatten Angst, nicht mehr mithalten zu können. Wenn man nicht nur Kompetenz, sondern auch Ausstrahlung hat, dann verunsichert das." Nach seinem Antritt hatte Parteichef Huber die 45-jährige Landtagsabgeordnete Christine Haderthauer zur Nachfolgerin von CSU-Generalsekretär Markus Söder bestimmt.
Pauli hatte Ende vergangenen Jahres das Ende der Ära Stoiber eingeleitet, als sie der Staatskanzlei vorwarf, ihr Privatleben auszuspionieren. Ihrer Forderung nach einem Rückzug Stoibers schlossen sich wenig später auch Teile der CSU-Landtagsfraktion an. Stoiber kündigte schließlich Mitte Januar seinen Rücktritt zu Ende September an.
Quelle: ntv.de