Struck für EU-Endlager Pflüger gegen Merkels Kern-Idee
08.02.2007, 07:19 UhrEin einziges Atommüll-Endlager für Europa hat SPD-Fraktionschef Peter Struck vorgeschlagen. Nicht jeder Staat müsse eigene Standorte finden, sagte er der "Heilbronner Stimme". Struck brachte die Forderung dem Bericht zufolge auf die Formel "ein Endlager für Europa".
Der Niedersachse wies zugleich auf die Schwächen des Salzstocks in Gorleben hin, der bereits auf seine Eignung als Atomlager untersucht wurde. Auch Zwischenlager an Kernkraftwerken könnten nur eine Übergangslösung sein.
Genauere Details nannte er nicht. Beispielsweise ließ er die Standortfrage offen und erklärte auch nicht, wie etwaige Rückzugsmöglichkeiten eines Landes von einer vereinbarten Endlagerung gestaltet werden könnten. Die politische Führung eines Landes, das langfristig den Atomausstieg plant, wird nur schwer davon zu überzeugen sein, Lagerflächen für die Atommüllproduzenten aus anderen EU-Staaten bereitzuhalten. Politische Mehrheiten für dieses Konzept zu finden, scheint besonders in dem betroffenen Endlager-Staat kaum möglich.
Pflüger fordert Union zum Ausstieg auf
Der Berliner CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger hat unterdessen eine langfristige Abkehr der Union von der Atomkraft gefordert. "Es muss glasklar sein, dass aus Sicht der Union die erneuerbaren Energien die Zukunft darstellen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Das Problem der Endlagerung, des Restrisikos technischer Unfälle und möglicher terroristischer Angriffe ist so groß und die Investitionen sind so gewaltig, dass ich nicht an die Zukunft der Kernenergie glaube."
Nicht auf Merkels Linie
Pflüger warnte davor, den Ausstieg in Frage zu stellen. "Es darf kein grundsätzliches Rütteln am Atomausstieg geben", sagte das CDU-Vorstandsmitglied. "Anstatt neue Investitionen in alte Technologien einschließlich der Kernkraft zu stecken, müssen wir einen Schwerpunkt bei erneuerbaren Energien setzen." Die Atomkraft sei eine Übergangstechnologie. Sie müsse angesichts der Forderungen nach mehr Klimaschutz aber pragmatisch eingesetzt werden. Man könne das Ausstiegdatum einige Zeit verzögern, sagte Pflüger. Die Atomenergie sei weniger gefährlich als neue Kohlekraftwerke, die klimaschädliches Kohlendioxid ausstoßen. Die Potenziale alternativer Energien seien aber "nicht annähernd erschlossen".
Merkel hält Ausstieg für problematisch
Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigte für Deutschlands Atom-Ausstieg in den vergangenen Wochen stets ihre Vertragstreue gegenüber dem Koalitionspartner, aber sie warnte auch immer wieder vor den Folgen der Abschaltung von Reaktoren. In einem Interview sagte sie vor wenigen Tagen, wer den Ausstieg aus der Kernenergie wolle, müsse auch ernsthafte Antworten entwickeln, wie man dann die Klimaschutzziele erreiche. Die erneuerbaren Energien seien wichtig, könnten aber bis 2020 kein vollständiger Ersatz sein. Ein Stopp des geplanten Atomausstiegs komme für sie aber aufgrund des Koalitionsvertrags nicht in Frage, so Merkel.
CSU für längere Laufzeiten
Die CSU-Führung setzt sich unterdessen für die Verlängerung der Laufzeiten deutscher Reaktoren. Es müsse noch einmal darüber gesprochen werden, ob der noch unter Rot-Grün vereinbarte Ausstieg aus der Kernenergie weiterhin vertretbar sei. Der Beschluss treffe auch die sichersten Kraftwerke im Land, heißt es.
Die rot-grüne Bundesregierung hatte mit der Wirtschaft im Jahr 2000 den Ausstieg aus der Atomkraft beschlossen. Union und SPD bekräftigten dies 2005 in ihrem Koalitionsvertrag.
Quelle: ntv.de