Politik

Wildert die CDU? "Piraten" in der Koalition

Das geplante EU-Konjunkturpaket droht zum Spielball im deutschen Wahlkampf zu werden. Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel präsentierte eigene Vorschläge für eine Lockerung von EU-Wettbewerbsregeln im Energie- und Umweltbereich, um der Wirtschaftskrise zu begegnen. Die SPD reagierte umgehend verärgert und warf Merkel "Produktpiraterie" vor. Ihr Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier habe kürzlich ähnliche Vorschläge gemacht, die zunächst vom Kanzleramt strikt abgelehnt worden seien.

Merkel sagte der "Welt am Sonntag": "Wir sollten die gegenwärtige Situation nutzen, um Europa zukunftsfähiger zu machen, insbesondere da, wo wir technologisch nicht voll auf der Höhe der Zeit sind." Im Einzelnen schlug Merkel den Ausbau von Breitband-Anschlüssen für das Internet im ländlichen Raum vor. Zur Steigerung von Klimaschutz und Energieeffizienz soll in ganz Europa ein funktionierendes Leitungssystem und ein einheitliches Hochspannungsnetz geschaffen werden. Die regionalen Strukturfondsmittel sollen schneller als geplant fließen, und die Beihilfe-Regeln für kleine und kleinste Unternehmen sollen gelockert werden.

Ähnliche Vorschläge hatte auch Steinmeier gemacht. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm und das von Michael Glos (CSU) geführte Wirtschaftsministerium hatten sie als Teil der Diskussion über den richtigen Weg für Konjunkturmaßnahmen bezeichnet.

Aus der SPD hieß es: Es sei zwar zu begrüßen, wenn auch die Kanzlerin "mit einiger Verzögerung zu solchen richtigen Einsichten" komme. Die Methode im Kanzleramt, erst SPD-Vorschläge strikt abzulehnen, sie dann aber als eigene Ideen auszugeben, werde inzwischen immer stärker "zum System". Dies diene nicht der von Merkel immer wieder angemahnten engen Zusammenarbeit in der großen Koalition.

Die EU-Kommission will am Mittwoch ihr Konjunkturprogramm vorstellen. Die Hilfen für die Wirtschaft sind auch ein zentrales Thema der deutsch-französischen Regierungsgespräche am Montag in Paris. Merkel hatte in der vergangenen Woche mit Kommissionspräsident Jos Manuel Barroso telefoniert und über das geplante EU-Paket zur Stützung der Konjunktur beraten. Anschließend hieß es, es gebe große Übereinstimmung.

Zickerei zwischen Schwestern


Eine ähnliche Verstimmung über das "Wildern" im Garten des Koalitionspartners gab es erst vor wenigen Tagen zwischen den Schwesterparteien CSU und CDU. Nachdem die Christdemokraten im bayerischen Landtagswahlkampf sehr zur Verärgerung der CSU bei Steuererleichterungen auf die Bremse getreten waren, wollen sie nun mit der Forderung nach Steuersenkungen in den Bundestagswahlkampf 2009 ziehen.

Ex-CSU-Chef Huber beklagte sich darüber im "Münchner Merkur" und machte die Schwesterpartei erneut für die CSU-Niederlage bei der Bayern-Wahl mitverantwortlich: "Die CSU hätte ein anderes Landtagswahlergebnis eingefahren, wenn sie durch die CDU frühzeitiger unterstützt worden wäre", sagte Huber. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos legte den Finger auf die gleiche Wunde und forderte in der "Bild"-Zeitung unumwunden: "Wir erwarten in Zukunft mehr Verständnis."

Kein Klau, sondern "Befruchtung"

CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg versuchte inzwischen, den Streit zu entschärfen. Dass die CDU sich inzwischen das CSU-Motto "Mehr Netto vom Brutto" auf die Fahnen schreibe, sei ein "Anlass zu heller Freude". Er fügte hinzu: "Das ist für mich kein Fall von Produktpiraterie, sondern von sinnvoller geistiger Befruchtung unter Schwesterparteien."

Quelle: ntv.de

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