Millionenpoker am Horn Piraten stellen Ultimatum
20.11.2008, 20:05 UhrSomalische Piraten und Unterhändler aus Saudi-Arabien haben am Donnerstag weiter über das Lösegeld für den gekaperten Supertanker "Sirius Star" verhandelt. Die Seeräuber forderten 25 Millionen Dollar für die Freilassung der 25 Besatzungsmitglieder und die Freigabe des mit über 300 Millionen Liter Rohöl beladenen Tankers. Die Ladung hat einen Wert von 100 Millionen Dollar.
Dem arabischen Sender Al-Dschasira zufolge haben die Piraten für die Übergabe des Lösegeldes eine Frist von zehn Tagen gesetzt. Danach hätten die Schiffseigner "verheerende Folgen" zu tragen.
Russland setzte ein weiteres Kriegsschiff in Richtung somalische Küste in Marsch. Nach einem Zeitungsbericht erwägt Russland eine kostenpflichtige "Vermietung" seiner Kriegsschiffe als Geleitschutz für ausländische Frachter in der Konfliktregion.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sprach sich für eine deutsche Beteiligung am europäischen Anti-Piraten-Einsatz aus. Er erwartete noch diese Woche eine Entscheidung der Bundesregierung.
Großbritannien gegen Zahlung
Der britische Außenminister David Miliband sprach sich gegen die Zahlung von Lösegeld für die "Sirius Star" aus. Dadurch würden Piraten nur zu weiteren Überfällen ermutigt, sagte Miliband in London. "Es ist sehr wichtig, dass die internationale Gemeinschaft standhaft gegenüber der Plage von Geiselnahmen bleibt, egal ob es sich um Geiselnahmen auf Schiffen oder in Flugzeugen handelt." Am Golf von Aden gebe es ein grundlegendes Problem. Daher sei es richtig, europäische Marinekräfte dorthin zu entsenden.
"Ein Staat verhandelt nicht gerne mit Terroristen oder Entführern, aber die endgültige Entscheidung liegt bei den Schiffseignern", sagte der saudische Außenminister Prinz Saud al-Faisal. Er bestätigte, dass die Verhandlungen andauerten.
Steinmeier für deutschen Einsatz
Angesichts der zunehmenden Piratenüberfälle vor der somalischen Küste forderte Steinmeier eine baldige Beteiligung der deutschen Marine am Kampf gegen die Seeräuber. Zu Beginn seines Indien-Besuches sagte der SPD-Vizekanzler in Neu Delhi, man sei dabei, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. "Ich hoffe, dass das in den allernächsten Tagen zum Abschluss kommen kann." Die indische Marine hatte am Dienstagabend vor der Küste Somalias erstmals ein Piratenschiff versenkt.
Der Bundestag wird voraussichtlich noch im Dezember über die Beteiligung der Bundeswehr an der EU-Mission zur Piraten-Bekämpfung vor der Küste Somalias entscheiden. Die Bundesregierung bemüht sich derzeit um Klarheit über die Befugnisse der deutschen Soldaten - etwa, ob sie im Kampf gegen Piraten Polizeiaufgaben wie Verhaftungen übernehmen dürften. Nach dem Grundgesetz sind die Aufgaben von Soldaten und Polizisten prinzipiell getrennt.
EU-Einsatz beginnt in drei Wochen
Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) forderte eine Grundgesetzänderung. Der Bundeswehrverband stellte sich an die Seite Steinmeiers. Er hoffe, dass sich das Außenministerium durchsetzen könne, sagte Verbandschef Bernhard Gertz. Dieses vertrete die Auffassung, dass die Bundesrepublik "auch auf der Basis der geltenden Rechtslage mehr tun könnte, als sie tut". Bisher gebe es aber "Bremser" im Innenministerium.
Die EU will nach französischen Angaben in knapp drei Wochen fünf bis sechs Kriegsschiffe in den Golf von Aden schicken, um Schiffsentführungen zu verhindern. Steinmeier erwartet noch in dieser Woche eine Einigung der Bundesregierung. Die zuständigen Ministerien seien sich bei dem Thema inzwischen grundsätzlich einig, hieß es aus Regierungskreisen.
Das Problem Somalia
Die Piraten sind zum Teil ehemalige Soldaten der somalischen Marine. Das sagte Schadschallah al-Mahdi, ein Kommandeur der jemenitischen Küstenwache, der arabischen Zeitung "Al-Sharq Al-Awsat". Die Zunahme der Überfälle im Golf von Aden führt Al-Mahdi darauf zurück, dass die Piraten einen Teil der zuvor erpressten Lösegelder für den Kauf moderner Schnellboote und Waffen verwendet haben, mit denen sie auch größere Schiffe angreifen können.
In Kairo berieten am Donnerstag arabische Diplomaten mit Vertretern Eritreas und der Arabischen Liga über eine gemeinsame Strategie zur Bekämpfung der Piraterie im Golf von Aden und vor der Küste Somalias.
Quelle: ntv.de