Politik

Kreml-Kritiker äußert sich zu seiner Zukunft Plant Chodorkowski ein Leben als Privatier?

Chodorkowski gab am Samstag erste Interviews für russische Medien.

Chodorkowski gab am Samstag erste Interviews für russische Medien.

(Foto: dpa)

Der freigelassene russische Milliardär Michail Chodorkowski will nicht nach Russland zurückkehren. Öffentliche Ämter schließt er für sich aus, seine Konzernanteile will er nicht einklagen. Auch sein Vermögen will er nicht politisch einsetzen. Plant der prominente Kreml-Kritiker den völligen Rückzug ins Private?

Der freigelassene russische Ex-Oligarch Michail Chodorkowski will auf einen neuen Rechtsstreit um den früheren Ölkonzern Yukos verzichten. "Ich werde nicht um meine Yukos-Anteile kämpfen", sagte Chodorkowski vor Journalisten in Berlin. Er stellte auch klar, dass er sein Vermögen nicht dazu verwenden wolle, die Opposition in Russland finanziell zu unterstützen.

Ähnlich hatte sich Chodorkowski bereits zuvor gegenüber russischen Journalisten geäußert. In einem Interview mit dem Magazin "The New Times" kündigte er außerdem an, vorerst nicht nach Russland zurückzukehren. Er hat zudem bereits ausgeschlossen, in die Politik zu gehen. Eine entsprechende Zusage habe er dem russischen Präsidenten Putin in einem Brief gemacht.

Chodorkowski will sich am Mittag erstmals der internationalen Presse zeigen. Bei einer Pressekonferenz will er sich auch zu seinen Zukunftsplänen äußern. n-tv überträgt die Pressekonferenz ab 13 Uhr live. Russland-Experte Dirk Emmerich wird kommentieren.

Angeblich keine Bedingungen für Freilassung

Vor dem schriftlichen Gnadengesuch Chodorkowskis war offenbar um jede Formulierung verhandelt worden. Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher wird der Erfolg zugeschrieben, dass Chodorkowski in dem Schreiben kein Schuldeingeständnis formuliert hat. Offiziell ist davon die Rede, dass es keine Bedingungen für die Freilassung vonseiten Putins gegeben habe. Das betonte auch Chodorkowski.

Dass er nicht nach Russland zurückkehren will, habe andere Gründe. "Wenn ich zurückkehre, könnten sie mich ein zweites Mal schon nicht mehr rauslassen, weil es formell viele Gründe gibt, für die man mich festhalten kann", sagte der 50-Jährige. Er glaube, dass sich Kremlchef Wladimir Putin mit der Begnadigung auch deshalb leichtgetan habe, weil er direkt nach Deutschland ausgereist sei. Chodorkowski hat ein Visum, das ihn dazu berechtigt, ein Jahr in Deutschland zu bleiben. Seine Frau Inna lebt in der Schweiz. Das Paar hat gemeinsame Kinder. Der älteste Sohn Pawel stammt aus seiner ersten Ehe.

Genscher fädelte Freilassung lange ein

Eine der ersten Besucherinnen bei Chodorkowski war die Grünen-Politikerin Marieluise Beck.

Eine der ersten Besucherinnen bei Chodorkowski war die Grünen-Politikerin Marieluise Beck.

(Foto: dpa)

Wie die "Frankfurter Allgemeine Sonn tagszeitung" berichtet, hat Genscher die Freilassung Chodorkowskis in zwei Geheimtreffen mit Präsident Putin vorbereitet. Ein erstes persönliches Gespräch zwischen Genscher und Putin habe im Juni 2012 auf dem Berliner Flughafen Tegel stattgefunden, als Putin damals nach seiner Wiederwahl einen Antrittsbesuch in Deutschland machte. Das Kanzleramt und der Botschafter in Moskau, Ulrich Brandenburg, hätten dafür gesorgt, dass Genschers Vorschläge bei Putin ankamen, berichtet die FAS. Anfang des Jahres habe Genscher Putin in der Angelegenheit ein zweites Mal getroffen, diesmal in Moskau. Vor etwa zwei Monaten erwartete er demnach bereits, dass Chodorkowski freikommen könnte.

Genscher habe damals den mit ihm befreundeten Unternehmer Ulrich Bettermann gefragt, ob dieser mit einem seiner Privat-Jets Chodorkowski in Russland abholen könne, wenn es zu einer Freilassung komme, berichtete die Zeitung. Nach FAS-Informationen entschied Putins Präsidialbüro am Freitag nach einer Bitte Genschers, dass Bettermanns Piloten ohne Visum nach Russland fliegen konnten.

Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung kämpfte Genscher schon seit Jahren für eine Freilassung des Ölmagnaten. Sie hatten sich das letzte Mal im Oktober 2003 im Berliner Adlon-Hotel gesehen. Damals hätte Chodorkowski seine Kampagne für die Schaffung einer russischen Zivilgesellschaft geworben. Beim Abschied von Genscher habe er geäußert, er gehe davon aus, dass die beiden sich für sehr lange Zeit nicht wiedersehen würden.

Quelle: ntv.de, nsc/dpa/AFP

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