NSA-Affäre Pofalla will reden
23.07.2013, 12:52 Uhr
Ronald Pofalla hat sich in der NSA-Affäre bislang eher bedeckt gehalten.
(Foto: dpa)
An diesem Donnerstag will Kanzleramtsminister Pofalla mit dem Geheimdienst-Ausschuss des Bundestags sprechen. Der Termin ist auch ein Versuch der Union, aus der Defensive zu kommen. An Pofalla hat die SPD vor allem eine Frage: Was wusste seine Chefin?
Sieben Wochen nach Beginn der Spionageaffäre will Kanzleramtschef Ronald Pofalla dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags Rede und Antwort stehen. Das PKG ist zuständig für die Überwachung der deutschen Geheimdienste. Die Treffen sind geheim - der Termin wurde allerdings aus mehreren Fraktionen bestätigt.
Regierungssprecher Georg Streiter hatte am Montag mitgeteilt, Pofalla habe den Vorsitzenden des Gremiums, SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann gebeten, "ab Mittwoch" zu einer Sitzung einzuladen. Oppermann habe dem zugestimmt und wolle "zeitnah" einen Termin festlegen. Eigentlich war die nächste Sitzung des Kontrollgremiums für Anfang August geplant.
Die Opposition hatte Pofalla vorgeworfen, seit Beginn der NSA-Affäre abgetaucht zu sein. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sagte am Montag, die jüngsten Berichte bestätigten den Eindruck, "dass die Bundesregierung über die massive Grundrechtsverletzung in Deutschland entweder Unwissenheit vortäuscht und ihre Mitwisserschaft verschweigt oder die Geheimdienste außer Kontrolle geraten sind". Die Frage sei: "Wo ist eigentlich Herr Pofalla...?"
"SPD tritt auf Aufklärungsbremse"
Bereits am Wochenende hatte Oppermann angekündigt, Pofalla zu einer PKG-Sitzung einzuladen - dieser Einladung kam Pofalla nun mit seiner Bitte um ein Treffen zuvor. Überhaupt scheint die Union in der NSA-Affäre in die Offensive gehen zu wollen. Weil das PKG sich nicht bereits am Mittwoch, sondern erst am Donnerstag trifft, warf CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe der SPD "Doppelzüngigkeit" vor. Wenn es ernst werde, "treten die Sozialdemokraten auf die Aufklärungsbremse".
Nach Angaben von Streiter soll es bei dem Treffen um Fragen gehen, "die sich aus der Berichterstattung vom Wochenende ergeben". Am Wochenende hatte der "Spiegel" gemeldet, dass Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz eine Spähsoftware des US-Geheimdienstes NSA namens "XKeyscore" einsetzen.
"Umfangreiche Prüfung" in nur wenigen Tagen
Das Nachrichtenmagazin beruft sich auf Dokumente des amerikanischen Whistleblowers Edward Snowden. Aus diesen Papieren geht dem Bericht zufolge auch hervor, dass der BND die deutsche Regierung so beeinfluss hat, "dass die Datenschutzgesetze auf lange Sicht laxer auslegt, um größere Möglichkeiten für den Austausch von Geheimdienstinformationen zu schaffen" - so jedenfalls notierten es NSA-Leute laut "Spiegel" im Januar dieses Jahres.
Streiter zufolge hat Pofalla "eine umfangreiche Prüfung" veranlasst. Das Ergebnis will er dem PKG vorstellen. Bislang hatte die Bundesregierung eher betont, dass die Aufklärung der Affäre dauern werde. "Ich kann doch nur zur Kenntnis nehmen, dass unsere amerikanischen Partner Zeit für die Prüfung brauchen", sagte etwa Bundeskanzlerin Angela Merkel am vergangenen Freitag in ihrer traditionellen Sommer-Pressekonferenz. Streiter begründete Pofallas Schweigen damit, dass der Kanzleramtsminister im Urlaub gewesen sei.
Was wusste Merkel?
Vor dem Auftritt Pofallas im PKG will die SPD dem Kanzleramt einen Katalog mit Fragen vorlegen. Oppermann warf der Bundesregierung erneut vor, ihrer Pflicht nicht nachgekommen zu sein, dass PKG umfassend über die Arbeit der Nachrichtendienste zu informieren. Pofalla wolle er am Donnerstag fragen, "was Frau Merkel über die Zusammenarbeit des BND mit der NSA wusste". Außerdem will die SPD klären, inwieweit die Bundesregierung eine laxere Auslegung von Datenschutzregeln durch den BND gebilligt habe.
Als Kanzleramtsminister ist Pofalla für die Koordination der deutschen Geheimdienste zuständig. Aus Sicht der Opposition ist er damit die Schlüsselfigur der NSA-Affäre. Die Entlassung Pofallas hat bislang allerdings nur die Linksfraktion als Möglichkeit ins Spiel gebracht. Den von SPD-Chef Sigmar Gabriel vorgeschlagenen Rauswurf von BND-Chef Gerhard Schindler lehnte das grüne PKG-Mitglied Christian Ströbele ab: "Ich will nicht, dass die Bundesregierung mit einem Bauernopfer davon kommt", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Schließlich könne es sein, "dass der BND-Präsident nicht nur mit Duldung, sondern sogar auf Weisung des Kanzleramtes gehandelt hat".
Quelle: ntv.de