Politik

"Konstruktiv und kritisch" Pokern im Ausflugslokal

Vor Beginn neuer Sondierungsgespräche für eine große Koalition in Schleswig-Holstein am Mittwoch haben CDU und SPD konstruktive Gespräche angekündigt. Nach der Landtagswahl vom 20. Februar hatte sich die SPD für eine Minderheitsregierung mit den Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) entschieden, war aber an einem Abweichler in der SPD-Fraktion bei der Ministerpräsidentenwahl gescheitert.

SPD-Parteichef Claus Möller kündigte am Dienstag vor der Sitzung der Landtagsfraktion an, "konstruktiv und kritisch" in die Gespräche gehen zu wollen. Der CDU-Vorsitzende Peter Harry Carstensen bekräftigte seine Absicht, die Koalition mit der SPD noch im April unter Dach und Fach zu bringen.

Der Vorsitzende des SPD-Parteirates, Uwe Döring, sagte: "Wir wollen ernsthaft miteinander reden." Er setze auf ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Döring sitzt an diesem Mittwoch mit am Verhandlungstisch in einem Restaurant am Rande des Freilichtmuseums Molfsee vor den Toren Kiels.

Im Gegensatz zu den ersten Sondierungsgesprächen in der Woche nach der Landtagswahl setzen beide Parteien auf Öffentlichkeit. Nach dem ersten Treffen wollen Möller und CDU-Parteichef Peter Harry Carstensen über Inhalt und Perspektiven informieren.

Zweifel bleiben

Möller hatte allerdings - bevor er "konstruktive Gespräche" mit der CDU ankündigte - gebremst. "Es gibt keine Koalition um jeden Preis", machte er im RBB-Inforadio deutlich. So werde die Frage über einen Umbau des Schulsystems "ganz, ganz schwierig", sagte er. Auch die Umwelt- und die Energiepolitik seien schwierige Themen. Aus Berlin aber dürfte SPD-Parteichef Franz Müntefering die Richtung zu einer großen Koalition längst vorgegeben haben, um Neuwahlen zu vermeiden.

SPD-Finanzminister Ralf Stegner steht Überlegungen für eine große Koalition weiterhin skeptisch gegenüber. "Es wäre schwierig mit der CDU, sie steuert nicht nach vorn und steht auch in der Überzeugung und den Personen noch in Teilen für die Barschel-CDU", sagte er in einem dpa-Gespräch. "Dies wird von der SPD heftig abgelehnt." Uwe Barschel war von 1982 bis 1987 Ministerpräsident, trat wegen einer Spitzelaffäre zurück und wurde wenig später tot in einem Genfer Hotel gefunden.

Dem Vernehmen nach gibt es in einer großen Koalition auch keinen Platz mehr für Stegner. Der Posten des Finanzministers ist nach Carstensens Worten für die CDU, nämlich für den Bundestagsabgeordneten Dietrich Austermann reserviert.

Vergiftetes Klima in der SPD-Fraktion

Das Rätselraten um den Abweichler in der Fraktion überschattete am Dienstag die Sitzung des noch amtierenden rot-grünen Kabinetts. Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) sagte, sie mache sich Gedanken über den mutmaßlich aus der SPD stammenden Politiker, der am Donnerstag durch Enthaltung vier Mal ihre Wahl verhindert hatte. "Wer sich darüber keine Gedanken macht, muss eiskalt sein. Ich bin nicht so eiskalt wie der Abweichler", sagte Simonis, die bis zur Wahl eines Ministerpräsidenten geschäftsführend im Amt bleibt.

"Natürlich denkt man darüber nach, wer könnte ein Motiv haben, aber dann endet man immer bei Personen, die man lange kennt und sagt, das kann ich mir nicht vorstellen", sagte Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD). In der SPD-Fraktion gebe es "eine gewisse Lähmung", das Klima sei "irgendwie vergiftet". Finanzminister Ralf Stegner (SPD) räumte ein: "Es gibt Schöneres, als geschäftsführend im Amt zu sein, aber wir haben unsere Pflichten zu erfüllen und das tun wir auch."

Quelle: ntv.de

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