RAF-Mord an Buback Politiker fordern Klarheit
21.04.2007, 13:12 UhrPolitiker von CDU, FDP und Grünen forderten angesichts der neuen Informationen eine Überprüfung des Falls Buback. "Wenn Behörden seit Jahren über genaue Tathergänge Bescheid wussten, diese aber nicht der Justiz zur Verfügung gestellt haben, würde das eine juristische und politische Aufarbeitung erforderlich machen", sagte FDP-Chef Guido Westerwelle. Ähnlich äußerten sich Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach und der Grünen-Abgeordnete und Ex-RAF-Anwalt Christian Ströbele.
Dreißig Jahre nach dem Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback kommen neue Informationen über angebliche Täter und Hintergründe ans Licht. Zu dem Terror-Kommando gehörten die RAF-Mitglieder Günter Sonnenberg und Stefan Wisniewski, sagte der ehemalige Terrorist Peter-Jürgen Boock dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Boock ging davon aus, dass Wisniewski die tödlichen Schüsse auf Buback und seine zwei Begleiter abgegeben hat. Der noch inhaftierte ehemalige Terrorist Christian Klar, der derzeit auf eine Begnadigung durch den Bundespräsidenten hofft, sei nicht der Todesschütze gewesen.
Boock forderte die früheren Mitglieder der "Rote Armee Fraktion" auf, Klarheit über die Vorgänge zu schaffen. Auch führende Politiker sagten, der Fall müsse neu aufgerollt werden. Boock gab nach eigenen Angaben Bubacks Sohn Michael Informationen, wonach Klar nicht direkt am Mord beteiligt war. Angehörige von anderen RAF-Opfern wandten sich aber gegen eine Begnadigung Klars.
Bislang galt als gesichert, dass neben Christian Klar die inzwischen freigelassenen Terroristen Günter Sonnenberg und Knut Folkerts für das Buback-Attentat verantwortlich waren. Wisniewski war damit nicht in Verbindung gebracht worden. Er wurde wegen des RAF-Attentats auf den Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer im Herbst 1977 zu lebenslanger Haft verurteilt und 1999 wieder freigelassen.
Das frühere RAF-Mitglied Verena Becker verriet laut "Spiegel" dem Bundesamt für Verfassungsschutz bereits in den 80er Jahren, dass Wisniewski die tödlichen Schüsse abgab. Er habe auf dem Soziussitz des Motorrads gesessen, von dem aus geschossen wurde. Dieses sei von Sonnenberg gefahren worden, während Klar im Fluchtauto auf die Täter gewartet habe. Das Bundesamt für Verfassungsschutz wollte den Bericht nicht kommentieren.
Boock bestätigte Beckers Aussagen im Kern. Über Klars Rolle sei er aber nicht informiert, sagte er dem Magazin. Die genauen Umstände des Todes von Buback waren bisher öffentlich nicht bekannt, weil sich die angeblich beteiligten RAF-Mitglieder nicht dazu äußerten. Der 1998 aus der Haft entlassene Boock warf den Ex-RAF-Mitgliedern vor, ihr Schweigen zu den damaligen Vorgängen sei ein Fehler: "Ich halte das schon seit vielen Jahren für falsch. Sie machen es genauso, wie es die Kriegsgeneration gemacht hat."
Politiker fordern Auskunft
Laut "Spiegel" ist auch unsicher, ob der wegen des Buback-Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilte Folkerts an der Tat wirklich beteiligt war. Dem Bundeskriminalamt lägen seit 17 Jahren Vernehmungsprotokolle von in der DDR untergetauchten RAF-Mitgliedern hervor. Darin habe das Ex-RAF-Mitglied Silke Maier-Witt ausgesagt, dass Folkerts am Tattag in Amsterdam gewesen sei. Folkerts war später wegen Beteiligung an der Tat zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
Die Fragen nach der Rollenverteilung bei dem Attentat waren zuletzt wieder lauter geworden, weil Klar bei Bundespräsident Horst Köhler ein Gnadengesuch gestellt hat. Bubacks Sohn Michael hatte dies in einer überraschenden Kehrtwende unterstützt, weil er neue Informationen aus dem Bereich der RAF habe, wonach Klar nicht direkt an der Ermordung seines Vaters beteiligt war. Boock war nach eigenen Angaben sein Informant. Buback wurde von der Bundesanwaltschaft als Zeuge geladen.
Hinterbliebene gegen Begnadigung Klars
Hinterbliebene anderer Opfer distanzierten sich nach einem Bericht des Magazins "Focus" von Bubacks Unterstützung für Klar. Karin Göbel, die Tochter von Bubacks ebenfalls getötetem Fahrer Wolfgang Göbel, sagte, für ihre Familie sei es unwichtig, wer die tödlichen Schüsse abgab. Klar habe von dem Attentat gewusst, sei dabei gewesen und habe dabei geholfen. "Daher gehört er auch lebenslang eingesperrt - wirklich lebenslang." Ähnlich äußerte sich Marga Wurster, die Witwe von Bubacks Begleiter Georg Wurster.
Klar könnte ohne Begnadigung frühestens Anfang 2009 freikommen, wenn seine gerichtlich festgesetzte Mindesthaftzeit erreicht ist. Er ist seit 26 Jahren in Haft. Konservative Politiker haben sich gegen eine Begnadigung ausgesprochen.
Boock sagte, die RAF sei damals schnell übereingekommen, dass Buback ein geeignetes Ziel für ihre Aktion sei, die ein Racheakt für die Haftbedingungen von RAF-Mitgliedern in Stuttgart-Stammheim sein sollte. Damals sei auch über eine Entführung des Modeschöpfers Karl Lagerfeld nachgedacht worden. Heute empfinde er Reue darüber, dass er zum Mörder geworden sei. Es seien viele junge Leute und eine Reihe von Menschen dabei ums Leben gekommen, die mit den Zielen der RAF nichts zu tun hatten.
Quelle: ntv.de