Attentat auf Sikh-Tempel in den USA Polizei geht von Terrorakt aus
06.08.2012, 06:26 Uhr
Über die Hintergründe des Angriffs auf einen Tempel der Sikh im US-Bundesstaat Wisconsin herrscht weiter Ungewissheit. Selbst die Polizei hüllt sich in Schweigen, sie spricht jedoch von "einer Art heimischen Terrorismus" und geht von einem Einzeltäter aus. Bei dem Attentat sterben sieben Menschen, darunter der noch nicht identifizierte Täter.
Nach der Schießerei in einem Sikh-Tempel in den USA mit insgesamt sieben Toten und drei Schwerverletzten herrscht Rätselraten über das Tatmotiv. Die Behörden stufen das Blutbad bei ihren Ermittlungen als "eine Art heimischen Terrorismus" ein, wie der zuständige Polizeichef John Edwards in Oak Creek im Bundesstaat Wisconsin mitteilte. Demnach geht die Polizei offenbar zumindest derzeit von der Annahme aus, dass der Anschlag gezielt der Sikh-Gemeinde galt.
Ein zunächst von den Behörden nicht identifizierter Mann hatte am Sonntagvormittag in dem Tempel das Feuer auf Gläubige eröffnet. Wenig später wurde der Täter dann selbst von einem Polizisten erschossen. Bei dem Angreifer soll es sich nach Berichten von Augenzeugen um einen Weißen handeln.
Die Verletzten erlitten nach Angaben eines Krankenhaussprechers zum Teil Schusswunden in der Bauchgegend, im Gesicht und im Nacken. Ihr Zustand sei "kritisch". Zu ihnen zählt ein Polizeibeamter, der laut Edwards von dem Täter unter Beschuss genommen wurde, während er einem Opfer zu helfen versuchte. Ein zweiter Polizist konnte den Schützen dann stoppen. Dem Sender CNN zufolge wurden im Tempel zwei halbautomatische Waffen sichergestellt. Offiziell bestätigt wurde das aber zunächst nicht.
"Sinnloser Akt der Gewalt"
US-Präsident Barack Obama bekundete "tiefe Trauer" und Anteilnahme. In einer in Washington veröffentlichten Erklärung bot er zugleich Hilfe der Bundesbehörden bei der Aufklärung der Bluttat an und würdigte die Rolle der Sikhs im amerikanischen Leben. Sie seien eine Bereicherung für das Land und "ein Teil unserer erweiterten amerikanischen Familie", erklärte Obama. Auch sein republikanischer Herausforderer bei der Wahl im November, Mitt Romney, verurteilte den "sinnlosen Akt der Gewalt".
Edwards zufolge ist sich die Polizei zunehmend sicher, dass es sich um einen Einzeltäter handelte. Insgesamt hüllten sich die Behörden aber auch Stunden nach dem Blutbad noch strikt über Einzelheiten des Vorfalls in dem Vorort von Milwaukee in Schweigen. So gab es auch zunächst keine Angaben über die Todesopfer.
Lokalsendern zufolge hielten sich zum Zeitpunkt der Attacke möglicherweise bis zu 100 Menschen in dem Gebäude auf. Die Schüsse seien während Vorbereitungen auf ein gemeinsames Mittagessen der Gläubigen gefallen.
"Wir sind doch friedliebende Menschen"
Zu den Verletzten gehört möglicherweise auch der Präsident der Sikh-Gemeinde von Oak Creek. Dessen Sohn sagte dem Sender CNN, ein Priester habe ihn aus dem Tempel angerufen und berichtet, dass sein Vater verletzt worden sei. Ein Gemeindemitglied äußerte sich fassungslos über die Bluttat. "Warum?" fragte er. "Wir sind doch friedliebende Menschen. Wir achten unsere Mitmenschen."
Dutzende Angehörige der Sikh-Gemeinde in der 35.000-Einwohner-Stadt versammelten sich nach Bekanntwerden der Bluttat in der Nähe des abgesperrten Tempels und warteten unruhig auf Nachrichten von ihren Angehörigen. "Unser Priester ist tot. Ein Großvater meines Freundes ist tot. Es ist eine sehr enge Gemeinschaft. Egal, wer getroffen ist - wir sind alle eine Familie", sagte der 22-jährige Harinder Kaur.
Sikhs sind Anhänger einer im 15. Jahrhundert in Nordindien entstandenen religiösen Reformbewegung. Die meisten Sikhs leben in Indien, aber auch in Großbritannien und in Nordamerika gibt es viele Anhänger. In den USA gehören mehr als 500.000 Menschen der Glaubensgemeinschaft an. Die Sikhs tragen traditionell Turban und Bart. In den USA werden sie vielfach für Muslime gehalten und waren deshalb besonders nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 Anfeindungen ausgesetzt.
Die jetzige Schießerei geschah nur etwa zwei Wochen nach dem Massaker in einem Kino in Colorado. Dort hatte ein Amokläufer bei einer "Batman"-Premiere 12 Menschen erschossen und knapp 60 verletzt. Darauf entbrannte auch wieder eine Debatte über die freizügigen Waffengesetze in den USA. Der Angeklagte James Holmes muss sich wegen Massenmordes vor Gericht verantworten. Ihm droht die Todesstrafe. Der Angriff hatte eine hitzige Debatte über die Waffengesetze in den USA entfacht.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP