Noch eine Panne nach NSU-Mord? Polizei ignorierte Zeugin
03.06.2012, 15:54 Uhr
Eine Zeugin will 2006 Junkies oder Nazis beobachtet haben.
(Foto: dapd)
Gibt es eine weitere Schlamperei der Ermittlungsbehörden im Fall der NSU-Morde? Einem Medienbericht zufolge soll es nach einem der Morde Hinweise auf rechtsextreme Täter gegeben haben. Allerdings wurden diese nicht weiter verfolgt. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschuss im Bundestag fordert nun eine bessere Zusammenarbeit der Behörden - diese müssten per Gesetz dazu verpflichtet werden.
Die Polizei soll laut "Focus" nach einem der NSU-Morde 2006 Hinweise auf rechtsradikale Täter erhalten, diese aber nicht weiter verfolgt haben. Nach der Ermordung eines Kiosk-Betreibers in Dortmund habe eine Zeugin zwei beobachtet und einen als "ein Junkie oder ein Nazi" beschrieben, berichtet das Magazin unter Berufung auf interne Polizeiakten zu den Taten der Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU).
In einem weiteren Polizei-Vermerk heißt es demnach: "Die Männer sollen wie Rechtsradikale ausgesehen haben." Dieser Teil der Zeugenaussage sei aber nicht an die zentrale Ermittlungseinheit "Bosporus" aus Bayern gemeldet worden, obwohl die Zeugin als glaubwürdig eingestuft worden sei.
Aus Dortmunder Ermittlerkreisen war bislang keine Reaktion zu erhalten. Die Bundesanwaltschaft wollte mit Blick auf die sich damit befassenden Untersuchungsausschüsse keine Stellungnahme abgeben.
Ein damals leitender Beamter der "Bosporus"-Einheit sagte dem Magazin: Hätte man den Hinweis 2006 aus Dortmund erhalten, "wären wir unserer Hypothese von rechtsextremistischen Tätern mit Sicherheit stärker nachgegangen". Die Bayern hatten diese Hypothese nach heutiger Darstellung mangels Spuren nicht weiter verfolgt.
Edathy: Behörden müssen zusammenarbeiten
Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy (SPD), will die Ermittlungsbehörden per Gesetz zur Zusammenarbeit verpflichten. "Bisher beruht die Zusammenarbeit meist auf Kann-Bestimmungen", sagte Edathy der "Thüringer Allgemeinen".
Im Zusammenhang mit der jahrelang unaufgeklärt gebliebenen Mordserie der NSU waren die auch wegen mangelnder Abstimmung in die Kritik geraten. Den Neonazis wird neben den Morden an türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern auch der Mord an einer Polizistin angelastet.
Quelle: ntv.de, dpa