"Weißer Mann in Vierzigern" Polizei jagt Verdächtigen
03.05.2010, 07:34 Uhr
Mitarbeiter der Spurensicherung auf dem Times Square.
(Foto: AP)
Durch die Veröffentlichung mehrerer Videos erhofft sich die New Yorker Polizei Hinweise auf den gescheiterten Anschlag auf dem Times Square. Sie sucht nach einem "weißen Mann in den Vierzigern". Einem Bekennerschreiben der pakistanischen Taliban messen die Ermittler keine Bedeutung bei.
Nach dem fehlgeschlagenen Bombenattentat am New Yorker Times Square fahnden die Ermittler jetzt mit Hochdruck nach einem etwa 40 Jahre alten weißen Mann. Die Polizei veröffentlichte ein Video des mutmaßlichen Autobombers und hofft, dem Unbekannten mit Hilfe der Bevölkerung auf die Spur zu kommen. Das Video zeigt einen schlanken Mann mittlerer Größe, der mitten im Straßenverkehr sein Hemd auszieht, in eine Tasche steckt und dann in dem roten T-Shirt darunter weitergeht.
Das Video war von einer Überwachungskamera wenige hundert Meter vom Tatort aufgenommen worden. Der Mann hatte sich dabei sichtlich nervös immer wieder umgeschaut, als wolle er sicherstellen, dass ihn niemand beobachtet. Die Sicherheitsbehörden vermieden es zunächst, den Mann zum Verdächtigen zu erklären. Er könnte auch ein Zeuge sein, sagte Heimatschutz-Ministerin Janet Napolitano dem Fernsehsender CNN. Ihr Ministerium stufte den Zwischenfall als "potenziellen Terroranschlag" ein.
"Wir haben einige gute Hinweise"

Das Video zeigt den Verdächtigen mit einem Koffer, kurz darauf zieht er sich um.
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Justizminister Eric Holder zufolge sind die Ermittlungen deutlich vorangekommen. "Wir haben einige gute Hinweise", sagte er in Hinblick auf den gesuchten Mann. Die Untersuchungen gingen aber auch in andere Richtungen. Holder zeigte sich zuversichtlich, dass die Verantwortlichen am Ende zur Rechenschaft gezogen würden. Auch New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg äußerte sich optimistisch. Es bestehe "eine hohe Wahrscheinlichkeit", dass der Drahtzieher des fehlgeschlagenen Autobombenanschlags gefasst werde, sagte Bloomberg im TV-Sender ABC.
US-Präsident Barack Obama lobte die "schnelle und entschlossene" Reaktion in New York auf den Anschlagsversuch. Die US-Regierung werde alle nötigen Schritte unternehmen, um die Bevölkerung zu schützen, das Verbrechen aufzuklären und dafür zu sorgen, "dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird", sagte Obama während eines Besuchs in der Ölpest-Region am Golf von Mexiko.
Hinweise auf "internationale Verbindungen"
Die Ermittler werteten die Aufnahmen zahlreicher Sicherheitskameras aus und untersuchten den aus Propan, Benzin und Feuerwerkskörpern gebauten Sprengsatz. An den Flughäfen der US-Ostküste wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft.
Einem US-Zeitungsbericht zufolge verfolgen die Ermittler auch Spuren ins Ausland. Die "Washington Post" berichtete unter Berufung auf namentlich nicht genannte Ermittler, dass immer mehr Hinweise auf ein koordiniertes Vorgehen mehrerer Täter mit internationalen Verbindungen hindeuteten. "Seien Sie nicht überrascht, wenn es eine Verbindung ins Ausland gibt", zitierte die Zeitung einen hochrangigen US-Verantwortlichen. Die bisherigen Erkenntnisse deuteten "in diese Richtung". Hinweise auf eine Täterschaft des Terrornetzwerks Al-Kaida gebe es aber "nicht unbedingt", berichtete das Blatt weiter.
Taliban-Gruppe dementiert Beteiligung

Theorie vom Einzeltäter: Polizeichef Kelly berichtet über den Stand der bisherigen Ermittlungen.
(Foto: AP)
Es gebe bislang keinen Hinweis, dass Al-Kaida oder ähnliche Extremistengruppen die Tat geplant hätten, sagte auch Bloomberg. Auf einer von Islamisten genutzten Internetseite erklärten die pakistanischen Taliban, das Attentat sei als Vergeltung für den Tod von zwei irakischen Taliban-Führern im April geplant gewesen. Die New Yorker Polizei maß dem Schreiben aber geringe Bedeutung zu. Auch US-Terrorismusexperten und die pakistanischen Behörden nannten es "reine Propaganda".
Diese Angaben wurden auch von der Gruppe Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP) dementiert. Sie wüssten nichts von dem angeblichen Bekennervideo ihrer Gruppe, erklärte ihr Sprecher Azam Tariq. "Wir haben darüber keine Informationen. (...) Soweit ich weiß, hat niemand von unseren Leuten es ins Netz gestellt." Auch der pakistanische Geheimdienst ISI bezweifelte, dass TTP über die Ressourcen verfüge, die für einen Anschlag in den USA notwendig wären.
Materialien "überall zu bekommen"
Die New Yorker Polizei hatte am Samstagabend einen Sprengsatz in einem Auto entschärft, das auf dem Times Square abgestellt worden war. In dem dunkelgrünen Geländewagen wurden unter anderem Propangasbehälter, Benzinkanister und Feuerwerkskörper entdeckt. Die Zündung der Bombe war offensichtlich aktiviert, sie wurde aber nicht zur Explosion gebracht. Bei einer Detonation hätte es nach Einschätzung von New Yorks Polizeichef Raymond Kellys einen "erheblichen Feuerball" gegeben.
Der Sprengsatz bestand laut Kelly aus Materialien, "die überall zu bekommen sind". Ein Behälter mit Feuerwerkskörpern sei an zwei Wecker angeschlossen gewesen. Eine der Uhren war auf Mitternacht gestellt. Der Behälter habe zwischen zwei Benzinkanistern mit zusammen etwa 19 Litern Treibstoff gestanden. Von ihnen führten Drähte zu drei Propangasflaschen und einem Waffenkasten. In dem Kasten waren mehrere Säcke mit einem nicht-explosiven Düngemittel. Dennoch hätte die Bombe Menschen töten können, sagte Kelly.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP