Streit um Stabilität Prodi unter Druck
21.10.2002, 20:15 UhrNicht nur in Deutschland, auch auf EU-Ebene wird weiter über den Euro-Stabilitätspakt gestritten. Am Montag ging Währungskommissar Pedro Solbes auf Distanz zum Präsidenten der Europäischen Kommission, Romano Prodi.
In einer Rede vor dem EU-Parlament in Straßburg verteidigte Prodi am Montag seine Forderung, die strikten Vorgaben für die Euro-Länder aufzuweichen. "Es ist dumm, blindlings an den Stabilitätskriterien festzuhalten", sagte er. Es müssten die sich ändernden wirtschaftlichen Bedingungen berücksichtigt werden.
Solbes ging auf Distanz zu seinem Chef. Der Stabilitätspakt gewähre durchaus Flexibilität, sagte er vor dem Straßburger Parlament. Voraussetzung dafür seien jedoch ausgeglichene Haushalte.
Der Euro-Stabilitätspakt verlangt unter anderem, dass die Neuverschuldung unter drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) bleiben muss; andernfalls droht ein Defizitverfahren der EU, dass im Falle Deutschlands in letzter Konsequenz Geldbußen bis zu zehn Mrd. Euro bringen könnte. Es gilt allerdings nicht als wahrscheinlich, dass Deutschland ein solches Bußgeld zahlen muss.
EVP fordert Prodis Rücktritt
Die konservative Europäische Volkspartei (EVP) forderte Prodis sofortigen Rücktritt. EVP-Fraktionschef Hans-Gert Pöttering (CDU) warf Prodi vor, er habe mit seinen Äußerungen den Eindruck erweckt, die Schuldenpolitik könne laxer gehandhabt werden. "Das schlimmste aber ist: Sie haben als Vorsitzender der Kommission, der Hüterin der Verträge, europäisches Recht gebrochen", kritisierte Pöttering.
Redner der Grünen und Sozialisten im Europaparlament begrüßten dagegen die Äußerungen Prodis. Die gegenwärtige Wirtschaftslage in Europa erfordere eine Revision des Paktes, sagte der Fraktionsvorsitzende der Sozialisten, der Spanier Enrique Baron Crespo. Schützenhilfe erhielt Prodi auch von Außenhandelskommissar Pascal Lamy. "Prodi hat nur laut gesagt, was sich jeder im Stillen denkt", sagte Lamy im französischen Rundfunk.
Quelle: ntv.de