"Politischer Prozess" Pussy Riot erklären Bedauern
30.07.2012, 12:49 Uhr
Demütigung in Moskau: die Band im Gerichtskäfig.
(Foto: REUTERS)
In einer Kirche "beteten" sie lautstark für das Verschwinden des russischen Präsidenten Putin - und stehen dafür vor einem Moskauer Gericht. Gegen die Frauen der Punk-Band "Pussy Riot" wird nach Ansicht der Kreml-Kritiker ein Schauprozess geführt. Er beginnt mit Worten des Bedauerns der Künstlerinnen.
In Moskau hat die Hauptverhandlung im international kritisierten Prozess gegen Mitglieder der regierungskritischen Punkband Pussy Riot begonnen. Zum Auftakt erklärten die drei angeklagten Frauen ihre Unschuld. Sie äußerten aber zugleich Bedauern, falls ihr Auftritt mit einem "Punk-Gebet" in einer Kirche gegen den heutigen Staatschef Wladimir Putin Gläubige verletzt habe.
Den seit März inhaftierten Sängerinnen Nadeschda Tolokonnikowa, Jekaterina Samuzewitsch und Marina Alechina wird "Rowdytum" vorgeworfen; ihnen drohen bis zu sieben Jahre Haft. Ihre Band hatte im Februar in einer Moskauer Kathedrale unter anderem den Satz "Maria, Mutter Gottes - verjage Putin!" gesungen. Der Prozess gegen sie findet nun in dem Gericht statt, in dem im Jahr 2010 Putins Gegenspieler, der frühere Oligarch Michail Chodorkowski, zu mehreren Jahren Haft verurteilt wurde.
In dem voll besetzten Saal im Bezirksgericht Chamownitscheski beantworteten die drei angeklagten Frauen zunächst gelassen Fragen nach ihren Namen, Adressen und Geburtsdaten. Ihre Anwältin Violetta Wolkowa verlas darauf handschriftliche Erklärungen der Frauen: Der Auftritt sei "ein verzweifelter Versuch" gewesen, "um das politische System zu ändern", hieß es in der Erklärung Tolokonnikowas. "Wir hatten nicht die Absicht, Menschen zu beleidigen." Im juristischen Sinne schuldig seien sie und ihre Mitangeklagten aber nicht.
Medwedew ganz gelassen
Der Vater von Jekaterina Samuzewitsch, Stanislaw, zeigte sich wenig optimistisch, dass seine Tochter von dem Gericht Milde erwarten könne. "Natürlich werden sie ins Gefängnis geschickt", sagte er. "Das ist ein politischer Prozess."
Ministerpräsident Dmitri Medwedew rief angesichts der Kritik aus der russischen Opposition und dem Ausland an dem Verfahren zur Gelassenheit auf. Der Prozess werde klären, ob ein Verbrechen begangen worden sei oder nicht, sagte der Regierungschef dem britischen Magazin "Time". Medwedew räumte ein, dass der Fall Aufmerksamkeit errege, "weil er an unserem Verständnis von Rechten und individueller Freiheit rührt".
Nach rund zehnstündigen Verhandlungen vertagte das Gericht den Prozess auf Dienstag. Dann sollen weitere Zeugen zu der schrillen Protestaktion gehört werden, berichtet die Agentur Interfax. Die Anwälte der drei Angeklagten warfen Richterin Marina Syrowa zum Ende des ersten Verhandlungstags schwere Verstöße vor. Syrowa habe die jungen Frauen weder essen noch trinken noch zur Toilette gehen lassen. "Das ist Folter", sagte einer der Verteidiger. Die Richterin wies dies zurück.
Quelle: ntv.de, AFP