Politik

"Startsignal" für die Proteste Putin beschuldigt die USA

Putin bedient sich alter Erklärungsmuster.

Putin bedient sich alter Erklärungsmuster.

(Foto: AP)

Verschwörungstheorien sind in Russland keine Seltenheit. Nun bedient sich auch Regierungschef Putin ihrer und erklärt, wer hinter den Protesten gegen die manipulierte Duma-Wahl steckt: Das Ausland, das die Demonstranten unterstützt. Völlig überraschend fordert dagegen Präsident Medwedew eine Überprüfung der umstrittenen Ergebnisse.

Der russische Regierungschef  hat die USA für die Proteste gegen die vom Sonntag mitverantwortlich gemacht. US-Außenministerin Hillary Clinton habe mit ihrer Kritik an der Wahl das "Startsignal" für die Proteste gegeben, sagte Putin. Die Demonstranten in Russland hätten zudem die "Unterstützung" des US-Außenministeriums. Er warf dem Ausland vor, Hunderte Millionen Dollar eingesetzt zu haben, um die Wahlen in Russland zu beeinflussen. Putin kündigte härtere Strafen für diejenigen an, die sich "im Auftrag anderer Staaten" in die russische Politik einmischten.

Mit einem großen Polizeiaufgebot sollen die Proteste bereits im Keim erstickt werden.

Mit einem großen Polizeiaufgebot sollen die Proteste bereits im Keim erstickt werden.

(Foto: AP)

Präsident Dmitri Medwedew forderte bei einem Besuch in Prag erstmals, den Vorwürfen nachzugehen und die Ergebnisse zu überprüfen. Mögliche Wahlfälschungen müssten genauestens verfolgt werden, sagte Medwedew. "Leider haben wir kein ideales Wahlsystem."

Mit Blick auf die kremlkritischen Demonstranten sagte Medwedew: "Das sind Menschen, die wirklich enttäuscht sind, die (...) desorientiert sind." Die Bürger sollten die Möglichkeit erhalten, ihre Meinung zu sagen. Sie müssten dabei aber die Gesetze einhalten. Kritik unabhängiger Wahlbeobachter an den Dumawahlen vom 4. Dezember wies Medwedew aber zurück. Es sei nichts Ungewöhnliches, dass das Wahlergebnis den einen gefalle, anderen aber nicht, sagte Medwedew.

"Wohlbegründete Besorgnis"

Die US-Regierung verteidigte derweil ihre Kritik. "Wir haben aus unserer Sicht wohlbegründete Besorgnis über die Art und Weise zum Ausdruck gebracht, wie die Wahl abgehalten wurde", sagte Außenministerin Hillary Clinton in Brüssel. Das Weiße Haus hielt ebenfalls an der Kritik an den Wahlen fest. "Wenn Recht in Russland oder in jedem anderen Land verletzt werden, dann sprechen wir das an", sagte Regierungssprecher Jay Carney. Washington sei allerdings ermutigt von der Forderung Präsident Medwedews, die Fälschungsvorwürfe untersuchen zu lassen.

Putin warnte, die Sicherheitskräfte würden mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln einschreiten, sollten Demonstranten gegen das Gesetz verstoßen. Er rief zu einem Dialog zwischen Demonstranten und den Behörden auf. Einige Demonstranten handelten aus egoistischen Gründen, die Mehrheit der Russen lehne politische Unruhen ab, sagte Putin. Wer sich an das Gesetz halte, solle seine Meinung frei äußern dürfen. "Niemand will  das Chaos", sagte Putin. Es waren die ersten Äußerungen Putins zu  den Demonstrationen gegen Unregelmäßigkeiten bei der Parlamentswahl  am Sonntag.

Nachdem die Behörden bekanntgegeben hatten, die Regierungspartei  Einiges Russland habe bei der Wahl erneut die absolute Mehrheit der Parlamentssitze errungen, hatte es in den vergangenen Tagen in Russland die größten seit Jahren gegeben. Die  Sicherheitskräfte gingen mit aller Härte gegen die Demonstranten vor, seit Beginn der Proteste nahm die Polizei mehr als 1000 Menschen fest. Regierungsgegner setzen nichtsdestotrotz ihre Proteste fort. Für diesen Samstag wird über das Internet zu einer Kundgebung in der Nähe des Kreml aufgerufen. Bisher haben sich dazu mehr als 25.000 Menschen über soziale Netzwerke angemeldet.

Arrest für Kremlkritiker

Mindestens 47 Gegner von Regierungschef Putin wurden nach Angaben der Opposition in Eilverfahren zu Arreststrafen zwischen 4 und 15 Tagen verurteilt, darunter der Oppositionspolitiker Ilja Jaschin und der bekannte Blogger Alexej Nawalny. Der bekannte Oppositionelle Sergej Udalzow, der seit dem Wahltag unter Arrest steht, kam nach vier Tagen Hungerstreik in ein Krankenhaus. Die russische Opposition spricht von den massivsten Repressionen seit dem Beginn der Ära Wladimir Putin vor elf Jahren. "Das Ausmaß der Festnahmen ist durch nichts zu rechtfertigen", sagte John Dalhuisen von Amnesty International.

Die Wahlleitung hatte der von Putin geführten Partei Geeintes Russland den Sieg bei der Abstimmung am Sonntag zugesprochen. Zahlreiche Beobachter und die Opposition erhoben Vorwürfe, dass die Wahl manipuliert worden sei. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat die Duma-Wahl als weder frei noch fair bezeichnet. Auch aus dem Ausland gab es heftige Kritik am Ablauf der Wahlen.

Der Ex-Geheimdienstchef Putin, der bereits von 2000 bis 2008 Präsident war, will sich am 4 März 2012 wieder in den Kreml wählen lassen. Zum Chef seines Wahlkampfstabes ernannte er überraschend den sowjetischen Kultregisseur Stanislaw Goworuchin.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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