Politik

Rückenprobleme eines Machos Putin hat Schmerzen

Wladimir Putin.

Wladimir Putin.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Russlands Präsident Putin hat sich wohl beim Judo verletzt. Das klingt wie eine Lappalie, ist es aber nicht. Der Kreml macht aus dem Gesundheitszustand des 60-Jährigen ein Staatsgeheimnis – und Putins Image als Sportskanone ist angekratzt.

Er hat im Judo einen schwarzen Gurt, reitet mit nacktem Oberkörper durch die russische Steppe, steuert ein Löschflugzeug, fängt ein Tigerweibchen und taucht nach antiken Vasen: Russlands Präsident Wladimir Putin inszeniert sich gerne in der Rolle des starken Mannes.

Doch dieses Bild bekommt tiefe Risse, seit Wochen wird über den Gesundheitszustand des 60-Jährigen spekuliert. Nun erhalten die Gerüchte neue Nahrung, denn Putin sagte ein für Dezember geplantes Treffen mit dem japanischen Regierungschef Yoshihiko Noda in Moskau ab.

Bereits auf dem Asien-Pazifik-Gipfel im September humpelte Putin, sein Sprecher erklärte das mit einer leichten Zerrung, die sich der Präsident beim Sport zugezogen habe. Putin übe die Amtsgeschäfte ohne Einschränkung aus. "Er ist nicht in Behandlung, er treibt jeden Tag Sport." Ministerpräsident Dmitri Medwedew sagte, Putin gehe es gut. Jeder habe doch so seine Wehwehchen.

Selten im Kreml

Judo ist eine Leidenschaft Putins.

Judo ist eine Leidenschaft Putins.

(Foto: REUTERS)

Doch die Anzeichen mehren sich, dass Putin schwerer angeschlagen ist, als der Kreml zugeben will. Mitte September stellten er und Bundeskanzlerin Angela Merkel in Moskau sich Fragen von Journalisten nicht wie sonst üblich im Stehen. Hinter vorgehaltener Hand hieß es, der Kreml habe darauf gedrängt, dass die Pressekonferenz im Sitzen stattfand.

Später musste der Staatschef per Knopfdruck von zu Hause ein Gasfeld in Sibirien einweihen, obwohl er eigentlich vor Ort sein wollte. Anfang November wurden dann mehrere Termine im In- und Ausland in den Dezember verschoben oder ganz abgesagt.

In der Öffentlichkeit macht sich der Präsident währenddessen rar und verlässt selten seine Residenz vor den Toren Moskaus. Dort empfängt er auch  fast alle seine Besucher. Putin arbeite jetzt viel von zu Hause aus, betont sein Sprecher Dmitri Peskow. Er wolle den Dauerstau im Zentrum Moskaus durch den Konvoi in den Kreml nicht noch schlimmer machen. Für die Fahrzeugkolonnen des Kremls werden wichtige Straßen lange gesperrt, nicht einmal Krankenwagen kommen durch. Das hatte Putin allerdings bisher nicht davon abgehalten, diese Praxis zu ändern.

Ungewöhnlich ist auch, dass die zum regelmäßig zum Jahresende ausgestrahlte Fernsehsendung, in der Putin live von Russen gestellte Fragen beantwortet, verschoben wurde. Die viel gesehene Marathon-Veranstaltung, die mehrere Stunden dauert, soll nun im Frühling oder im Sommer stattfinden. Der offiziellen Begründung zufolge liegt das aber nicht an Putins Gesundheit, sondern an der Fürsorge für die im Freien Wartenden. "Dann werden Füße und Ohren der Menschen nicht erfrieren", drückt es Peskow aus.

Parallele zur Sowjetunion

Putin beim Vogelflug.

Putin beim Vogelflug.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Worunter Putin leidet, ist der Öffentlichkeit nicht bekannt. Doch womöglich ist die Ursache ziemlich banal. Immer wieder heißt es, es handele sich um eine Verletzung der Wirbelsäule. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, Putin habe Rückenprobleme und müsse womöglich operiert werden. Die Zeitung "Wedemosti" schrieb, die Verletzung habe sich verschlimmert, als Putin Anfang September in einem Leichtflugzeug Kraniche Richtung Süden führen wollte. Der Kreml wies das zurück.

Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko sagte kürzlich, Putin habe sich beim Judo verletzt. "Ich weiß, dass er dieses Problem hat. Er liebt Judo. Er hat einen Typen hochgehoben, ihn geworfen und sich dabei die Wirbelsäule verdreht." Lukaschenko sagte, er habe sich mit Putin zu einem Eishockey-Match verabreden wollen. "Er sagte mir: Wir sind noch nicht bereit, es mit Eurem Team aufzunehmen." Peskow wollte das nicht kommentieren.

Vor diesem Hintergrund weckt das Schweigen des Kremls ungute Erinnerungen an die Sowjetzeit. Damals unterlag der Gesundheitszustand der KPdSU-Generalsekretäre strikter Geheimhaltung - und sie  litten häufig an weitaus schlimmeren Dingen als an einem Bandscheibenvorfall.

Obwohl niemand etwas anderes annimmt, als das Putin Rückenprobleme hat, ist sein Gesundheitszustand keine Trivialität. Er präsentiert sich immer wieder als muskulöser und vor Gesundheit strotzender Mann und kultiviert das Image des harten Machos - was zweifellos zu seiner Popularität in Russland beiträgt. Zu seinem 60. Geburtstag strahlte das Fernsehen eine Dokumentation über Putin aus, wobei ein Großteil der Sendung den Präsidenten bei sportlichen Aktivitäten wie Gewichtheben und Schwimmen zeigte. Ein anderer Schwerpunkt war die gesunde Ernährung Putins.

Doch vor allem steht Putin im Zentrum eines komplexen Systems, in dem mächtige Gruppen um Einfluss in Politik und Wirtschaft streiten. Bislang ist es Putin gelungen, die widerstreitenden Interessen auszubalancieren und autoritär für Stabilität zu sorgen. Doch sollte er gesundheitsbedingt Führungsschwäche zeigen, drohen Machtkämpfe - mit ungewissem Ausgang.

Quelle: ntv.de

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