Politik

Selbstmord in Stammheim RAF-Häftlinge offenbar abgehört

Die RAF-Häftlinge Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe sind möglicherweise in der Nacht ihres gemeinsamen Selbstmordes im Oktober 1977 abgehört worden. "Der Spiegel" berichtet, dass Staatsschutz und verschiedene Geheimdienste die Verabredung zum kollektiven Selbstmord offenbar über Wanzen mithörten und nicht verhinderten. Dabei stützt sich das Blatt auf bislang geheim gehaltene Dokumente und verschiedene Zeugen.

Die drei Terroristen der Roten Armee Fraktion (RAF) nahmen sich am 18. Oktober 1977 im Gefängnis Stuttgart-Stammheim das Leben, kurz nachdem die Sondereinheit GSG 9 in Somalia Besatzung und Passagiere einer entführten Lufthansa-Maschine befreit hatte. Einen Tag später wurde der entführte Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer ermordet aufgefunden. Um den Tod der RAF-Häftlinge gab es immer wieder Spekulationen. Sie hatten sich trotz Kontaktsperre über ein Kommunikationssystem verständigt, das über die Stromleitungen der Haftanstalt lief.

Nach "Spiegel"-Informationen wurden die ersten Wanzen in Stammheim bereits im März 1975 eingebaut. Als Zeuge zitiert der "Spiegel" unter anderem den damaligen Leiter der Abteilung Staatsschutz im Landeskriminalamt Baden-Württemberg, Hanns Kollischon. Ziel der Aktion sei es gewesen, die Freipressung von Häftlingen zu verhindern. Man habe während der Schleyer-Entführung versucht, Hinweise von den Inhaftierten zu erhalten. "Es wäre doch idiotisch, wenn man solche Einrichtungen nicht nutzen würde, um das Leben Schleyers zu retten. Alles, was machbar war, wurde gemacht." An das Ende der Lausch- Einsatzes könne sich Kollischon nicht mehr genau erinnern.

Boock schwärzt Komplizen an

Unterdessen geht 30 Jahre nach der Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer die Bundesanwaltschaft neuen Hinweisen nach. Eine Behördensprecherin bestätigte in Karlsruhe, dass eine Aussage des ehemaligen RAF-Terroristen Peter-Jürgen Boock "geprüft" werde.

Boock hatte in einem ARD-Interview seine ehemaligen RAF-Komplizen Stefan Wisniewski und Rolf Heißler beschuldigt, die tödlichen Schüsse abgegeben zu haben. Bislang ist unbekannt, welches RAF-Mitglied Schleyer im Oktober 1977 nach 45 Tagen Entführung ermordet hat.

Derzeit läuft wegen der Schleyer-Ermordung nur ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt. Die Sprecherin der Bundesanwaltschaft, Petra Kneuer, sagte, wenn sich konkrete Anhaltspunkte für einen Anfangsverdacht gegen bestimmte Personen ergäben, könnten die Ermittlungen ausgeweitet werden. Schleyer war im September 1977 von einem Kommando der Roten Armee Fraktion (RAF) entführt worden, die Gesinnungsgenossen aus der Haft freipressen wollte. Nach dem Selbstmord von drei RAF-Häftlingen wurde er erschossen.

Boock sagte in dem Interview auf die Frage nach den Schleyer-Mördern: "Es waren zwei Kommandomitglieder, Rolf Heißler und Stefan Wisniewski." Er selbst gab angeblich zusammen mit Brigitte Mohnhaupt per Fernschreiben den Auftrag zur Ermordung. An der Glaubwürdigkeit Boocks hatten Experten allerdings immer wieder Zweifel geäußert.

Quelle: ntv.de

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