Politik

Der Kriegstag im Überblick Rakete schlägt in AKW-Nähe ein - Deutschland liefert weitere Panzerhaubitzen

Die Panzerhaubitze 2000 hat sich für die Ukrainer als wichtiges Gefechtsasset erwiesen.

Die Panzerhaubitze 2000 hat sich für die Ukrainer als wichtiges Gefechtsasset erwiesen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Während sich ukrainische Truppen im Osten des Landes weiter vorarbeiten, lässt ein Raketeneinschlag im Süden mehr als 100 Fenster eines AKW-Gebäudes zerbersten. Deutschland liefert der Ukraine weitere Panzerhaubitzen - und mehrere AfD-Abgeordnete planen einen Besuch des Kriegsgebiets. Der 208. Kriegstag im Überblick:

Rakete schlägt bei AKW Piwdennoukrajinsk ein

In der Nähe des Atomkraftwerks Piwdennoukrajinsk in der Südukraine ist Kiew zufolge eine russische Rakete eingeschlagen. Von der Wucht der Explosion zersplitterten laut dem Betreiber rund hundert Fenster der Anlage. Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Russland in dem Zusammenhang die Gefährdung der ganzen Welt vor. Piwdennoukrajinsk ist das zweitgrößte Atomkraftwerk der Ukraine.

In der von russischen Truppen kontrollierten Stadt Donezk im Osten des Landes wurden unterdessen 13 Menschen durch Artilleriebeschuss getötet. Zwei Granaten schlugen lokalen Medien zufolge an einer Bushaltestelle und in einem Geschäft ein. Die örtlichen Machthaber machen ukrainische Truppen für den Beschuss verantwortlich. Kiew weist derartige Anschuldigungen regelmäßig zurück. Unabhängig bestätigen ließen sich die Angaben nicht.

Ukrainische Truppen drängen Russen weiter zurück

In den ostukrainischen Gebieten Charkiw, Donezk und Luhansk haben die ukrainischen Truppen den russischen Gegner Medienberichten zufolge weiter zurückgedrängt. Demnach wurde der Ort Jarowa am linken Ufer des Flusses Siwerskyj Donez zurückerobert. Offizielle Bestätigungen von ukrainischer oder russischer Seite lagen zunächst nicht vor. Zudem ist es ukrainischen Einheiten offensichtlich ebenfalls gelungen, beim Ort Bilohoriwka über den Fluss zu setzen und einen Angriff auf Kreminna durchzuführen.

Donezk und Luhansk fordern schnellen Anschluss an Russland

Angesichts des ukrainischen Vormarsches beginnt in den von Moskau unterstützten Separatistengebieten Luhansk und Donezk eine Kampagne für einen schnellen Beitritt zu Russland. In der sogenannten Volksrepublik Luhansk appellierte ein Bürgerkammer getauftes Gremium an die örtliche Führung, bald eine Volksabstimmung über den Anschluss abzuhalten. Wenig später folgte in der Volksrepublik Donezk die Bürgerkammer mit der gleichen Bitte, wie die russische Nachrichtenagentur Tass meldete. Auch im Gebiet Cherson fordere die Bevölkerung ein Referendum, sagte der von Russland eingesetzte Verwaltungschef Kirill Stremoussow.

Ukraine soll vier weitere Panzerhaubitzen von Bundeswehr erhalten

Kiew soll für den Abwehrkampf gegen Russland von der Bundeswehr vier weitere Panzerhaubitzen erhalten. Die Lieferung werde unverzüglich in die Wege geleitet, teilte das Verteidigungsministerium in Berlin mit. Bei der Panzerhaubitze 2000 handelt es sich um schwere Artilleriegeschütze mit einer Reichweite bis zu 40 Kilometer. Die Lieferung soll auch ein Munitionspaket beinhalten.

Lindner: Keine Kursänderung hin zu Lieferung von Kampfpanzern

Im Hinblick auf die von der Ukraine oftmals geforderte Lieferung von westlichen Kampfpanzern sieht FDP-Chef Christian Lindner in der Bundesregierung hingegen keine Kursänderung. Auf Äußerungen von Außenministerin Annalena Baerbock angesprochen, sagte Lindner, er habe sich innerhalb der Bundesregierung rückversichert und amtlich gefragt, ob sich die Haltung einzelner Ressorts konkret verändert habe. "Das konnte nicht bestätigt werden", sagte der Bundesfinanzminister dazu weiter. Bei Treffen der Verbündeten in Ramstein sei nach seiner Kenntnis Einigkeit darüber erzielt worden, auf den Ringtausch zu setzen "und dass keine Kampfpanzer westlicher Produktion und Bauart geliefert werden sollen". Dies sei weiter die Linie der FDP und auch im Präsidium bestätigt worden.

Experten: Putin baut zunehmend auf Alternativen zu regulären Truppen

Russlands Präsident Wladimir Putin setzt nach Ansicht von Militärexperten wegen hoher Verluste zunehmend auf Improvisation. Der Kreml konzentriere sich immer mehr darauf, schlecht vorbereitete Freiwillige in irregulären improvisierten Einheiten zu rekrutieren, statt sie als Reserve oder Ersatz für reguläre russische Truppen einzusetzen, schrieben die Analysten des Institute for the Study of War (ISW) mit Sitz in Washington.

Einen Grund dafür sehen die Experten in Putins getrübtem Verhältnis zur eigenen Militärführung und dem Verteidigungsministerium über den Sommer hinweg, insbesondere nach jüngsten Gebietsverlusten. Die Bildung solcher improvisierten Einheiten werde zu weiteren Spannungen, Ungleichheit und einem Mangel an Geschlossenheit unter den Truppenteilen führen, hieß es in dem ISW-Bericht weiter. Angesichts ihrer kurzen Ausbildung verfügten sie über "nur wenig effektive Kampfkraft".

London: Russische Luftwaffe in Ukraine immer stärker unter Druck

Auch die russische Luftwaffe gerät nach britischer Einschätzung zunehmend unter Druck. In den vergangenen zehn Tagen habe Russland offensichtlich vier Kampfjets verloren und damit insgesamt 55 Maschinen seit Beginn des Angriffs Ende Februar, teilte das Verteidigungsministerium in London unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit.

Der Anstieg der Verluste sei womöglich teilweise darauf zurückzuführen, dass die russische Luftwaffe ein größeres Risiko eingehe, um Bodentruppen unter dem Druck ukrainischer Vorstöße aus nächster Nähe zu unterstützen. Hinzu komme das schlechte Situationsbewusstsein russischer Piloten.

AfD-Abgeordnete planen Reise in Ostukraine

Mehrere AfD-Abgeordnete bereisen eigenen Angaben zufolge derzeit Russland. Geplant sei auch "ein Besuch der Ostukraine", teilte die AfD-Fraktion im sachsen-anhaltischen Landtag mit. Zur Delegation gehörten die Landtagsabgeordneten Daniel Wald und Hans-Thomas Tillschneider, hieß es. Die Gruppe wolle sich ein "eigenes Bild der humanitären Lage machen". Der scheidende ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, warf den Politikern in einem Tweet vor, mit dem geplanten Besuch in die russisch besetzten Gebiete in der Ostukraine den russischen "Vernichtungskrieg zu unterstützen". Laut Melnyk gehören auch nordrhein-westfälische AfD-Abgeordnete zur Reisegruppe.

Luhansk: Zwei OSZE-Mitarbeiter zu Haftstrafen verurteilt

In der von Russland kontrollierten ostukrainischen Separatistenhochburg Luhansk hat ein Gericht zwei örtliche Mitarbeiter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu je 13 Jahren Haft verurteilt. Die Urteile ergingen wegen angeblicher Spionage für die Ukraine und die USA, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass meldete. Einer der OSZE-Männer habe von August 2021 bis April 2022 "Belege über die Bewegung von Militärtechnik und Waffen und ebenfalls die Verlegung von Einheiten" gesammelt. OSZE-Generalsekretärin Helga Schmid forderte in Wien die "sofortige und bedingungslose Freilassung" der zwei Verurteilten und eines weiteren OSZE-Kollegen.

Die OSZE war seit 2014 unter anderem für die Überwachung eines vereinbarten Abzugs von Waffen entlang der Frontlinie zwischen den von Russland unterstützten Separatisten und der ukrainischen Armee zuständig. Die Beobachtermission stellte ihre Tätigkeit mit dem russischen Einmarsch ein.

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Quelle: ntv.de, mpe/dpa

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