Politik

Nato legt fest: Test ist beendet Raketenschirm geht in Betrieb

US-Präsident Obama im Kreise seiner Gäste. Er will die Europäer stärker an den finanziellen Lasten der Nato beteiligen.

US-Präsident Obama im Kreise seiner Gäste. Er will die Europäer stärker an den finanziellen Lasten der Nato beteiligen.

(Foto: AP)

Die Vorbereitungsphase der neuen Raketenabwehr der Nato ist abgeschlossen, entscheiden die Mitgliedsstaaten der Nato beim Gipfel. Für Russland ist das ein Affront. "Dieses System könnte die Illusion erwecken, dass ein Atomkrieg zu gewinnen ist", sagt der russische Vize-Verteidigungsminister Antonow.

Die Nato hat auf ihrem Gipfeltreffen in Chicago den Beginn der ersten Betriebsphase des Raketenabwehrschirms in Europa beschlossen. Die Staats- und Regierungschefs der 28 Nato-Staaten erklärten, das System sei teilweise einsatzbereit, berichteten Diplomaten am Rande des Gipfels.

Das Projekt sieht den Aufbau eines Netzes aus Radaranlagen und Stellungen mit Abfangraketen vor, um Europa vor einer möglichen Bedrohung durch Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von bis zu 3000 Kilometern, etwa aus dem Iran, zu schützen.

In der ersten Betriebsphase des Raketenschirms werden mit einem Raketenabwehrsystem ausgestattete US-Militärschiffe auf einer US-Marinebasis im spanischen Rota stationiert, eine Radarstation im Südosten der Türkei in Betrieb genommen und die Arbeit in der Kommandozentrale auf dem Nato-Stützpunkt im deutschen Ramstein aufgenommen. In den kommenden Jahren wird das Abwehrsystem weiter ausgebaut, bis es gegen Ende des Jahrzehnts vollkommen einsatzfähig sein soll.

Moskau sieht Gleichgewicht in Gefahr

Russland hatte wenige Stunden vor dem Beschluss erneut vor diesem Schritt gewarnt. Vize-Verteidigungsminister Anatoli Antonow sagte in Moskau, die Raketenabwehr könne das strategische Gleichgewicht stören. "Dieses System könnte die Illusion erwecken, dass ein Atomkrieg zu gewinnen ist", so Antonow.

Die Bundesregierung sprach sich in Chicago dafür aus, sich weiter um eine Zusammenarbeit mit Moskau zu bemühen: "Hier handelt es sich nicht um ein Projekt gegen Russland, sondern ein Projekt, das wir mit Russland im Interesse der europäischen Sicherheit insgesamt voranbringen wollen", sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle.

Auch bei der Rüstung soll gespart werden

Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande sitzen bei der Eröffnungsrunde des Nato-Gipfels nebeneinander.

Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Hollande sitzen bei der Eröffnungsrunde des Nato-Gipfels nebeneinander.

(Foto: AP)

Außerdem vereinbarten die Staats- und Regierungschefs der Nato eine besonders enge Kooperation bei mehr als 20 Projekten. Damit sollen angesichts knapper Verteidigungsbudgets militärische Fähigkeiten geschaffen werden, die für einzelne Staaten zu teuer sind.

Zu den Projekten der sogenannten "Smart Defence" (Kluge Verteidigung) gehören beispielsweise ein System zur Bodenaufklärung durch unbemannte Flugkörper oder zur Betankung von Flugzeugen ebenso wie Einrichtungen zur medizinischen Versorgung von Soldaten.

Obama ruft zu Geschlossenheit auf

Zu Beginn des Gipfels hatte US-Präsident Barack Obama die Nato-Staaten zu Geschlossenheit beim geplanten Abzug aus Afghanistan aufgerufen. "So wie wir zusammen Opfer gebracht haben für unsere gemeinsame Sicherheit, werden wir geschlossen zusammenstehen bei unserer Entschlossenheit, diese Mission zu beenden", sagte Obama.

Frankreichs Präsident François Hollande hatte im Vorfeld die Diskussion über den Zeitplan des Truppenabzugs angeheizt. Er will die französischen Truppen bereits Ende dieses Jahres und damit zwei Jahre früher als geplant abziehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte kurz vor Beginn des Gipfels Hollande ermahnt, sich an den bisherigen Zeitplan zu halten. Der neu gewählte Präsident zeigte sich davon unbeeindruckt. "Ich bin pragmatisch, die besten Ergebnisse für Frankreich zu erreichen, ... und sicherzustellen, dass unsere Soldaten aus Afghanistan vor Ende 2012 zurückkommen", sagte er.

Über das weitere Vorgehen in Afghanistan wird an diesem Montag in Chicago beraten. Die Nato will den Einsatz von Kampftruppen bis Ende 2014 beenden und danach dem Land bei der Ausbildung und Beratung seiner eigenen Sicherheitskräfte zur Seite stehen.

"Westen erwägt Militärschlag gegen Iran"

Nach den Worten des russischen Vize-Außenministers Sergej Ryabkow erwägen einige westliche Staaten weiterhin einen Militärschlag gegen den Iran. "Es ist eins von vielen verschiedenen Signalen verschiedener Quellen, dass ein Militärschlag als realistisch und möglich betrachtet wird", sagte Ryabkow im Flugzeug auf dem Rückweg vom G8-Gipfel in Camp David.

Einige Signale deuteten darauf hin, dass diese Option derzeit in einigen Hauptstädten als passender angesehen werde. "Wir sind darüber sehr besorgt", betonte der stellvertretende Außenminister. Zugleich wies Ryabkow Vorwürfe als haltlos zurück, Russland wolle Spannungen im Zusammenhang mit dem Iran hoch halten, um vom hohen Ölpreis zu profitieren.

Quelle: ntv.de, rts/AFP/dpa

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